Der Staat sollte sicherstellen, dass die Boards staatseigener Unternehmen über die Autorität, Kompetenzen und Objektivität verfügen, die notwendig sind, damit sie ihre Funktion erfüllen können, die strategische Ausrichtung festzulegen, das Risikomanagement zu beaufsichtigen und die Geschäftsführung zu überwachen. Die Boards sollten gemäß dem Prinzip der Integrität handeln, diese fördern und für ihre Handlungen zur Rechenschaft gezogen werden.
Boards spielen bei der Governance staatseigener Unternehmen eine zentrale Rolle. Bei Unternehmen, die sich vollständig oder mehrheitlich in Staatseigentum befinden, fungieren Boards als Intermediär zwischen dem Staat als Anteilseigner, den übrigen Anteilseignern und dem Unternehmen. Sie tragen durch ihre treuhänderische Pflicht letztlich die Verantwortung für die Leistung staatseigener Unternehmen und die Interessen ihrer Anteilseigner und müssen zugleich andere Aspekte, wie die Interessen der Stakeholder, berücksichtigen.
Die Stärkung der Entscheidungsvollmachten und die Verbesserung der Qualität und der Wirksamkeit der Boards staatseigener Unternehmen sind Voraussetzung für die Gewährleistung einer qualitativ hochwertigen Corporate Governance solcher Unternehmen. Der Staat sollte je nach Höhe seiner Beteiligung oder Grad seiner Kontrolle sicherstellen, dass staatseigene Unternehmen mit starken Boards ausgestattet sind, die in der Lage sind, im Interesse des Unternehmens und seiner Eigentümer zu handeln und die Geschäftsführung wirkungsvoll zu überwachen und sie vor Einflussnahme auf das Tagesgeschäft zu schützen. Hierfür ist es erforderlich, die Kompetenz der Boards staatseigener Unternehmen zu sichern, ihre Unabhängigkeit zu stärken und ihre Funktionsweise zu verbessern. Ferner muss den Boards die eindeutige und uneingeschränkte Verantwortung für die Erfüllung ihrer Aufgaben übertragen werden, und es muss gewährleistet sein, dass sie gemäß dem Prinzip der Integrität handeln und diese fördern.
VI.A. Den Boards staatseigener Unternehmen sollten ein klares Mandat und letztlich die Verantwortung für die Unternehmensergebnisse übertragen werden. Die Rolle und Aufgaben der Boards staatseigener Unternehmen sollten in der Gesetzgebung klar festgelegt sein, vorzugsweise gemäß dem Gesellschaftsrecht. Die Mitglieder des Boards sollten in voller Sachkenntnis, nach Treu und Glauben, mit gebührender Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit und im besten Interesse des Unternehmens und seiner Anteilseigner handeln und zugleich den Interessen der Stakeholder Rechnung tragen.
Die Pflichten der Boards staatseigener Unternehmen sollten in einschlägigen Gesetzen und Vorschriften, in der staatlichen Eigentümerpolitik sowie in der Unternehmenssatzung festgelegt sein. Es ist wesentlich und sollte ausdrücklich betont werden, dass alle Board-Mitglieder gesetzlich verpflichtet sind, im besten Interesse des Unternehmens zu handeln und allen Anteilseignern die gleiche Behandlung zuteilwerden zu lassen. Gute Praxis erfordert, dass Board-Mitglieder bei geschäftlichen Entscheidungen im Interesse des langfristigen Erfolgs und der langfristigen Ergebnisse des Unternehmens sowie im Interesse seiner Anteilseigner u. a. auch Stakeholderinteressen berücksichtigen. Dies ist auch ein Kerngrundsatz für innerhalb einer Konzernstruktur tätige Board-Mitglieder: Selbst wenn ihr Unternehmen von einem anderen Unternehmen beherrscht wird, sind die Board-Mitglieder nicht dem beherrschenden Unternehmen des Konzerns, sondern ihrem Unternehmen und der Gesamtheit seiner Anteilseigner gegenüber zu Loyalität verpflichtet. Die kollektive und individuelle Haftung der Board-Mitglieder sollte klar festgelegt sein. Es dürfen keine Unterschiede zwischen den Haftungsverpflichtungen der einzelnen Board-Mitglieder bestehen, unabhängig davon, ob sie vom Staat oder von anderen Anteilseignern oder Stakeholdern nominiert oder bestellt wurden. Zur Information der Board-Mitglieder staatseigener Unternehmen über ihre Pflichten und Haftungsrisiken sollten Schulungen vorgeschrieben werden.
Um das Verantwortungsbewusstsein der Boards zu fördern und sicherzustellen, dass sie effektiv funktionieren, sollte ihre Struktur mit den für den privaten Sektor ausgearbeiteten Best Practices im Einklang stehen. Die Größe der Boards sollte auf die Zahl an Mitgliedern begrenzt werden, die notwendig ist, um eine effektive Arbeitsweise zu gewährleisten.
Die Erfahrung hat zudem gezeigt, dass kleinere Boards echte strategische Diskussionen möglich machen und weniger dazu tendieren, sich zu Organen zu entwickeln, die andernorts getroffene Entscheidungen nur noch mit ihrem Plazet versehen. Ein Bericht der Board-Mitglieder sollte dem Jahresabschluss beigefügt und den externen Abschlussprüfer*innen unterbreitet werden. Dieser Bericht sollte Informationen und Stellungnahmen zur Organisation, finanziellen und nichtfinanziellen Entwicklung, zu wesentlichen Risikofaktoren, Nachhaltigkeitsaspekten, wichtigen Ereignissen, Beziehungen mit Beschäftigten und anderen Stakeholdern sowie den Effekten von Weisungen des Eigentumsträgers enthalten.
VI.B. Die Boards staatseigener Unternehmen sollten ihre Funktion, die Unternehmensstrategie zu überprüfen und auszurichten und die Geschäftsführung zu überwachen, auf der Grundlage der von den Anteilseignern festgelegten umfassenden Mandate und Erwartungen effektiv ausüben. Sie sollten befugt sein, den*die Vorsitzende*n der Geschäftsführung (CEO) zu bestellen und abzuberufen. Sie sollten die Vergütungsniveaus der Führungskräfte an den längerfristigen Interessen des Unternehmens und seiner Anteilseigner ausrichten.
Um ihre Rolle zu erfüllen, sollten die Boards staatseigener Unternehmen aktiv 1. an der Entwicklung bzw. Billigung, Beobachtung und Überprüfung der Unternehmensstrategie im Rahmen der Gesamtziele des Unternehmens arbeiten, 2. geeignete Leistungsindikatoren festlegen und wesentliche Risikofaktoren identifizieren, 3. wirksame Risikomanagementregelungen und -verfahren im Hinblick auf finanzielle und operationelle Risiken, aber auch in Bezug auf andere Risiken in den Bereichen Menschenrechte, Korruptionsbekämpfung, Chancengleichheit, Arbeit, digitale Sicherheit, Schutz personenbezogener Daten und informationelle Selbstbestimmung, Wettbewerb, Umwelt- und Steuerangelegenheiten sowie Gesundheit und Sicherheit ausarbeiten und begleiten, 4. die Offenlegungs- und Kommunikationsverfahren beobachten und sicherstellen, dass die Jahresabschlüsse die Geschäftstätigkeit des staatseigenen Unternehmens und die damit verbundenen Risiken zutreffend widerspiegeln, 5. die Leistung der Geschäftsführung evaluieren und überwachen sowie 6. über die Vergütung des*der CEO entscheiden und eine effektive Nachfolgeplanung für die Mitglieder der Geschäftsführung leiten, um die Kontinuität im Bereich der wirtschaftlichen Tätigkeiten und der öffentlichen Politikziele zu gewährleisten. Nachfolgeplanung umfasst nicht nur Vorkehrungen für Eventualitäten, sondern könnte auch als langfristiges strategisches Instrument zur Talent- und Diversitätsförderung eingesetzt werden.
Zu den zentralen Funktionen der Boards staatseigener Unternehmen sollten die Bestellung und Abberufung des*der CEO gehören. Ohne diese Befugnis ist es für die Boards staatseigener Unternehmen schwierig, ihrem Überwachungsauftrag voll gerecht zu werden und für die Ergebnisse des Unternehmens Verantwortung zu übernehmen. In manchen Fällen können diese Aufgaben im Einvernehmen bzw. in Konsultation mit dem Eigentumsträger oder anderen Anteilseignern wahrgenommen werden. Selbst in solchen Situationen gilt es als gute Praxis, dass die Verantwortung für das Auswahlverfahren für den*die CEO letztlich beim Board bleibt. Der Staat sollte klar zum Ausdruck bringen, dass er vom Board erwartet, für die Einstellung und das Verhalten von Mitgliedern der Geschäftsführung und Personen in anderen hochrangigen Positionen hohe Standards anzuwenden. Ihre Bestellung sollte auf professionellen Kriterien beruhen.
Wenn der Staat trotz dieser Empfehlung bei der Bestellung des*der CEO in voll in Staatsbesitz befindlichen Unternehmen eine entscheidende Rolle spielt, sollte besonders darauf geachtet werden, dass die Bestellungen, wie bei allen anderen Bestellungsverfahren, auf professionellen Kriterien und einem wettbewerblichen Auswahlverfahren unter der Leitung des Boards beruhen und dass die Bestellungszeiträume von Wahlperioden unabhängig sind.
Insbesondere in großen staatseigenen Unternehmen, die wirtschaftliche Tätigkeiten ausüben, wird die Mitwirkung unabhängiger Expert*innen bei Auswahlverfahren für Mitglieder der Geschäftsführung als gute Praxis betrachtet. Das Board kann auch von einem Nominierungsausschuss unterstützt werden, der sich ausschließlich oder mehrheitlich aus unabhängigen Board-Mitgliedern zusammensetzt und damit betraut wird, die Anforderungsprofile für den*die CEO und andere Mitglieder der Geschäftsführung zu definieren und dem Board Vorschläge für die Besetzung dieser Positionen zu unterbreiten. Der Nominierungsausschuss kann zudem das Talentmanagement unterstützen und die Regeln für die Auswahl von Mitgliedern der Geschäftsführung überprüfen. Die Regeln und Verfahren zur Nominierung und Bestellung des*der CEO sollten transparent sein und die Verantwortungskette zwischen dem*der CEO, dem Board und dem Eigentumsträger respektieren. Sämtliche Vereinbarungen zwischen den Anteilseignern bezüglich der Nominierung des*der CEO sollten offengelegt werden. In den Ländern, in denen das Board über einen Fachausschuss verfügt, der für die Nominierung des*der CEO zuständig ist, darf dieser jedoch nicht mit dem Nominierungsausschuss verwechselt werden, der von der Anteilseignerversammlung eingerichtet wurde und dafür zuständig ist, der Anteilseignerversammlung Empfehlungen zur Nominierung der Board-Mitglieder zu unterbreiten.
Aus ihrer Verpflichtung, die Leistung der Geschäftsführung zu beurteilen und zu überwachen, folgt, dass die Boards staatseigener Unternehmen vorbehaltlich der in dem jeweiligen Staat geltenden Regeln über die Vergütung des*der CEO und anderer Mitglieder der Geschäftsführung entscheiden sollten. Die Vergütungspakete für Mitglieder der Geschäftsführung sollten wettbewerbsfähig, zugleich aber auch sorgfältig abgewogen sein, um zu verhindern, dass sie Mitgliedern der Geschäftsführung Anreize bieten, die mit den langfristigen Interessen des Unternehmens nicht vereinbar sind. Die Boards staatseigener Unternehmen sollten gegebenenfalls sicherstellen, dass die Vergütung der Mitglieder der Geschäftsführung an das wesentliche Risiko und die Unternehmensstrategie geknüpft und leistungsbezogen ist. Die Boards staatseigener Unternehmen sollten außerdem sicherstellen, dass die jährliche Vergütung ordnungsgemäß offengelegt wird. Obergrenzen für die Vergütung der Führungskräfte staatseigener Unternehmen, sei es in absoluten Zahlen oder für bestimmte Vergütungskomponenten, können dafür sorgen, dass potenzielle negative Effekte von Vergütungssystemen, die mit den Erwartungen der Eigentümer nicht im Einklang stehen, begrenzt werden oder dass das Risiko überhöhter Vergütungen, die dem Ruf des Unternehmens schaden könnten, verringert wird. Die Vergütungssysteme sollten außerdem auf qualitativ hochwertigen Daten und Messgrößen beruhen. Leistungsindikatoren sollten Anreize für eine langfristige Perspektive schaffen, mit wesentlichen Elementen der Strategie des staatseigenen Unternehmens verbunden sein und auf qualitativ hochwertigen Daten und Messgrößen beruhen, die nach Möglichkeit geprüft und/oder gesichert sind. Auch wenn qualitative Ziele und Unterziele in bestimmten Fällen nützlich oder notwendig sein können, verlangt die gute Praxis, dass sie quantifizierbar, transparent und überprüfbar sind, um ihre Glaubwürdigkeit zu gewährleisten.
Die Einführung von Malus-Regelungen und Clawback-Klauseln gilt als gute Praxis. Solche Bestimmungen gestatten es dem Unternehmen, Vergütungen von Mitgliedern der Geschäftsführung einzubehalten bzw. zurückzufordern, wenn sie sich des Betrugs schuldig gemacht haben oder andere Unregelmäßigkeiten auftreten, z. B. wenn das Unternehmen gezwungen ist, seinen Jahresabschluss aufgrund wesentlicher Verstöße gegen die Rechnungslegungsvorschriften neu aufzustellen.
VI.C. Die Zusammensetzung der Boards staatseigener Unternehmen sollte ein objektives und unabhängiges Urteil ermöglichen. Alle Board-Mitglieder, einschließlich der öffentlichen Amtsträger, sollten auf der Grundlage von Qualifikationen, die für den Tätigkeitsbereich und das Geschäftsprofil des Unternehmens relevant sind, nominiert oder bestellt werden und die gleichen rechtlichen Verpflichtungen haben.
Als grundlegende Voraussetzung dafür, dass die Boards staatseigener Unternehmen eine starke Stellung innehaben, müssen sie so zusammengesetzt und strukturiert sein, dass sie in der Lage sind, sich ein objektives und unabhängiges Urteil zu bilden, die Arbeit der Unternehmensleitung zu überwachen und strategische Entscheidungen zu treffen. Alle Board-Mitglieder sollten nach dem Leistungsprinzip und auf der Basis ihrer persönlichen Integrität und beruflichen Qualifikationen anhand eines klaren, kohärenten und vorab definierten Kriterienkatalogs ausgewählt werden, der das Board als Ganzes, einzelne Board-Mandate und den Vorsitz erfasst. Die Auswahl sollte im Rahmen transparenter Verfahren erfolgen, die die Diversität garantieren, Hintergrundprüfungen vorsehen und gegebenenfalls Mechanismen enthalten, die darauf abzielen, potenzielle Interessenkonflikte in Zukunft zu vermeiden (z. B. durch Vermögenserklärungen). Die Board-Mitglieder sollten auf der Basis ihrer Kernkompetenzen (z. B. Geschäftssinn, Finanzbildung sowie Fachwissen im Bereich Abschlussprüfung und Kontrolle) ausgewählt werden und über Fachkenntnisse und Erfahrung im Tätigkeitsbereich des Unternehmens verfügen. Leitsatz II.F.2 enthält weitere Informationen zum Auswahl-, Nominierungs- und Bestellungsverfahren für Board-Mitglieder. Board-Mitglieder dürfen nicht als Vertreter*innen der Interessengruppen agieren, die sie bestellt haben. Laut Gesellschaftsrecht könnte es sich dabei um den Staat als Anteilseigner, das staatseigene Mutterunternehmen im Fall einer indirekten staatlichen Beteiligung oder staatliche und nichtstaatliche Anteilseigner in ihrer Gesamtheit handeln. Die Boards staatseigener Unternehmen sollten auch vor jeder politischen Einflussnahme geschützt sein, die sie daran hindern könnte, sich auf die Verwirklichung der mit dem Staat und dem Eigentumsträger vereinbarten Ziele zu konzentrieren oder die ihre Unabhängigkeit gefährden könnte. Alle staatlichen Vertreter*innen, die als Board-Mitglied staatseigener Unternehmen ernannt oder bestellt wurden, sollten dieselben rechtlichen Verpflichtungen haben wie die anderen Board-Mitglieder. Für sie sollten beispielsweise weder de jure noch de facto Ausnahmen von der Eigenverantwortung gelten.
Die Förderung der Diversität in der Board-Zusammensetzung sowie auf der Ebene der Geschäftsführung und in anderen hochrangigen Positionen, insbesondere was Geschlecht, Alter, geografische Herkunft, beruflichen Werdegang und Bildungshintergrund anbelangt, gilt als gute Praxis. Um ihren Aufgaben effektiv nachkommen zu können, müssen die Board-Mitglieder über ausreichend kaufmännisches, finanzielles und sektorbezogenes Fachwissen verfügen. In dieser Hinsicht kann im privaten Sektor erworbene Erfahrung nützlich sein. Die Board-Mitglieder müssen sich nach ihrer Bestellung möglicherweise durch Schulungen oder anderweitig zusätzliche Kompetenzen aneignen. Anschließend können solche Maßnahmen den Board-Mitgliedern auch helfen, sich über einschlägige neue Gesetze und Vorschriften sowie sich verändernde Geschäfts- und sonstige Risiken auf dem Laufenden zu halten.
Es sollten Mechanismen zur Evaluierung und Sicherung der Wirksamkeit und Unabhängigkeit des Boards entwickelt werden. Dazu gehören beispielsweise Beschränkungen in Bezug auf die Mandatsdauer, die Zahl der Wiederbestellungen, die Zahl der Board-Mandate, die ein Board-Mitglied halten darf, sowie die Ausstattung mit den nötigen Ressourcen, um dem Board Zugang zu unabhängigen Informationen oder Fachwissen zu verschaffen. Staatseigene Unternehmen sollten die Boards und Ausschüsse ebenfalls evaluieren.
VI.D. In den Boards und den Fachausschüssen der Boards sollte eine angemessene Zahl unabhängiger Board-Mitglieder vertreten sein.
Um die Objektivität der Boards staatseigener Unternehmen zu erhöhen, sollte eine angemessene Mindestzahl an unabhängigen Board-Mitgliedern vorgeschrieben sein. Einzelheiten zur angemessenen Zahl unabhängiger Board-Mitglieder in Fachausschüssen sind Leitsatz VI.H zu entnehmen. Zusätzlich zu den Kriterien der Unabhängigkeit, die in der Definition des Begriffs „Leitungsorgane staatseigener Unternehmen“ in den Leitsätzen dargelegt sind, gilt es auch als gute Praxis, Personen auszuschließen, die durch eine eheliche, familiäre oder sonstige persönliche Beziehung mit Mitgliedern der Geschäftsführung oder kontrollierenden Anteilseignern des Unternehmens verbunden sind. Die unabhängigen Board-Mitglieder sollten ein ausreichendes Gegengewicht zu Vertreter*innen des Staates im Board bilden können.
Unabhängige Board-Mitglieder sollten über einschlägige Kompetenzen und Erfahrungen verfügen, um die Effektivität der Boards staatseigener Unternehmen zu steigern. In staatseigenen Unternehmen, die wirtschaftlichen Tätigkeiten nachgehen, sollten sie möglichst aus dem privaten Sektor stammen, was zur Steigerung der Geschäftsorientierung der Boards beitragen kann. Zu den fachlichen Kompetenzen der Board-Mitglieder sollten Qualifikationen gehören, die mit dem Tätigkeitsbereich und dem Geschäftsprofil des staatseigenen Unternehmens in Zusammenhang stehen.
VI.E. Es sollten Mechanismen eingerichtet werden, um Interessenkonflikten vorzubeugen, die Board-Mitglieder davon abhalten können, ihren Pflichten objektiv nachzukommen, und um die politische Einflussnahme in Board-Verfahren zu begrenzen. Politikverantwortliche, die die Rahmenbedingungen staatseigener Unternehmen maßgeblich beeinflussen können, sollten den Boards dieser Unternehmen nicht angehören. Für ehemalige Politikverantwortliche sollten zuvor vereinbarte Karenzzeiten gelten. Öffentlich Bedienstete und andere Amtsträger können dem Board angehören, sofern ihre Nominierung nach dem Leistungsprinzip erfolgt und die Auflagen in Bezug auf Interessenkonflikte für sie gelten.
Korruptionsbekämpfungs- und Integritätsgesetze sollten uneingeschränkt auf die Board-Mitglieder staatseigener Unternehmen angewendet werden. Das Board sollte die Aufsicht über die Einführung und Anwendung von Maßnahmen zur Aufdeckung potenzieller Interessenkonflikte führen. Die Mitglieder des Boards und der Geschäftsführung sollten den zuständigen Behörden jeden tatsächlichen oder potenziellen Interessenkonflikt unverzüglich melden und ihre Vermögenswerte, Verbindlichkeiten, Investitionen, Aktivitäten, Beschäftigungsverhältnisse und Zuwendungen angeben. Wenn es sich bei den Personen, die die Erklärungen abgeben, im rechtlichen Sinne um „Amtsträger“ handelt, können diese Erklärungen öffentlich zugänglich gemacht werden. Während der Dauer ihres Mandats sollten die Erklärungen der Mitglieder des Boards und der Geschäftsführung regelmäßig aktualisiert werden, und alle Board-Mitglieder und Mitglieder der Geschäftsführung sollten etwaige tatsächliche oder potenzielle Interessenkonflikte unverzüglich dem Board gegenüber offenlegen, das zu entscheiden hat, wie sie zu bewältigen oder zu mindern sind.
Besondere Aufmerksamkeit sollte der Bewältigung von Interessenkonflikten und in diesem Kontext dem Wechsel zwischen öffentlichem und privatem Sektor gelten (auch als „Drehtüreffekt“ bekannt), indem insbesondere für ehemalige Politiker*innen und Amtsträger*innen vor ihrer Bestellung in Boards angemessene und begründete Karenzzeiten eingeführt werden. Um die Gefahr von Interessenkonflikten, politischen Eingriffen und sonstiger unzulässiger Einflussnahme durch den Staat auf ein Mindestmaß zu reduzieren, sollten die Boards die Verantwortung dafür übernehmen, ihre Unabhängigkeit gegenüber dem Staat in seiner Rolle als Eigentümer sowie gegenüber anderen staatlichen Funktionen zu bewahren.
Die kollektive und individuelle Haftung der Board-Mitglieder sollte klar festgelegt sein. Alle Board-Mitglieder sollten gesetzlich verpflichtet sein, im besten Interesse des Unternehmens und unter Berücksichtigung der Ziele der Anteilseigner zu handeln. Sie sollten außerdem jegliche persönliche Beteiligung an dem staatseigenen Unternehmen offenlegen und die einschlägigen Bestimmungen über Insiderhandel befolgen.
Politikverantwortliche, die die Rahmenbedingungen staatseigener Unternehmen maßgeblich beeinflussen können, sollten den Boards dieser Unternehmen nicht angehören. Für ehemalige Politikverantwortliche sollten zuvor vereinbarte Karenzzeiten gelten. Öffentlich Bedienstete und andere Amtsträger können dem Board angehören, sofern die Anforderungen in Bezug auf Qualifikationen und Interessenkonflikte für sie gelten. Personen, die direkt mit der Exekutive – d. h. Staats- und Regierungschef*innen, Minister*innen, Staatssekretär*innen, Leiter*innen von Regulierungsbehörden und ihren Stellvertreter*innen – verbunden sind, sollten keinen Sitz im Board haben, da dies ernsthafte Zweifel an der Unabhängigkeit ihres Urteils aufkommen lassen könnte.
Die Board-Mitglieder staatseigener Unternehmen sollten ihre Position nicht missbräuchlich zum Zweck der Parteienfinanzierung, Patronage, persönlichen Bereicherung oder Bereicherung nahestehender Unternehmen oder Personen nutzen. Die staatlichen Anteilseigner sollten im Einklang mit international bewährten Praktiken handeln und die einschlägigen Bestimmungen der Leitsätze für Korruptionsbekämpfung und Integrität in staatseigenen Unternehmen (Guidelines on Anti-Corruption and Integrity in State-Owned Enterprises) sowie des OECD-Übereinkommens über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr und der dazugehörigen Instrumente anwenden. Für staatseigene Unternehmen sollten spezifische Rechtsvorschriften aus dem Straf- und Verwaltungsrecht gelten, die Patronage, Parteienfinanzierung, persönliche Bereicherung oder Bereicherung nahestehender Unternehmen oder Personen untersagen. Dies umfasst insbesondere auch Korruptionsbekämpfungsgesetze. Transaktionen mit nahestehenden Unternehmen oder Personen sollten transparent erfolgen und offengelegt werden.
VI.F. Es gilt als gute Praxis, dass der*die Board-Vorsitzende unabhängig ist und dass diese Funktion getrennt von der Funktion des*der Vorsitzenden der Geschäftsführung (CEO) ausgeübt wird. Der*die Board-Vorsitzende sollte die Verantwortung für die effiziente Funktionsweise des Boards übernehmen und, gegebenenfalls in Koordinierung mit anderen Board-Mitgliedern, als Verbindungsglied für die Kommunikation mit dem staatlichen Eigentumsträger fungieren.
Dem*der Vorsitzenden des Boards kommt eine entscheidende Rolle bei der Förderung der Effizienz und Effektivität des Boards zu. Es ist Aufgabe des*der Board-Vorsitzenden, aus einer Gruppe von Einzelpersonen ein effektives Team aufzubauen. Dies erfordert spezifische Kompetenzen, u. a. Führungsstärke, die Fähigkeit, ein Team zu motivieren, unterschiedliche Ansichten und Ansätze nachzuvollziehen und Konflikte zu schlichten sowie persönliche Effektivität und Kompetenz. Bei voll in Staatsbesitz befindlichen Unternehmen sollte der*die Board-Vorsitzende die zentrale Anlaufstelle zwischen dem Unternehmen und dem Eigentumsträger sein. Der*die Board-Vorsitzende kann dem Eigentumsträger auch Input aus den jährlichen Selbstevaluierungen des Boards vorlegen, um Kompetenzlücken in der Zusammensetzung des aktuellen Boards zu identifizieren und ihn bei den Nominierungs- und Bestellungsverfahren zu unterstützen.
Die Trennung der Funktion des*der Board-Vorsitzenden von der Funktion des*der CEO trägt dazu bei, ein angemessenes Kräftegleichgewicht sicherzustellen, verbessert die Rechenschaftspflicht und stärkt die Fähigkeit des Boards, objektive Entscheidungen ohne unzulässige Einflussnahme seitens der Geschäftsführung zu treffen. Durch eine klare und angemessene Definition der Aufgaben des*der Board-Vorsitzenden und des*der CEO können Situationen verhindert werden, in denen die Trennung der Ämter eine ineffiziente Opposition zwischen den beiden führenden Figuren des Unternehmens heraufbeschwört. Darüber hinaus sollte der*die Vorstandsvorsitzende (gegebenenfalls) nach der Pensionierung nicht den Vorsitz des Aufsichtsrats übernehmen.
In staatseigenen Unternehmen, wo es üblicherweise als notwendig betrachtet wird, das Board in seiner Unabhängigkeit gegenüber der Geschäftsführung zu bestärken, ist die Trennung der Ämter des*der Board-Vorsitzenden und des*der CEO besonders wichtig. Dem*der Board-Vorsitzenden kommt eine entscheidende Rolle dabei zu, die Arbeit des Boards zu lenken, dessen Effizienz zu sichern und die aktive Mitwirkung der einzelnen Board-Mitglieder bei der Festlegung der strategischen Ausrichtung des staatseigenen Unternehmens zu fördern. Wenn die Ämter des*der Board-Vorsitzenden und des*der CEO personell getrennt sind, sollte dem*der Vorsitzenden des Boards auch eine Rolle dabei zufallen, sich mit dem Eigentumsträger über die Kompetenzen und Erfahrungen abzustimmen, die im Board vertreten sein sollten, damit dieses effektive Arbeit leisten kann.
VI.G. Wenn eine Arbeitnehmervertretung im Board vorgeschrieben oder gängige Praxis ist, sollten Mechanismen entwickelt werden, mit denen gewährleistet werden kann, dass diese Vertretung effektiv wahrgenommen wird und zur Kompetenz, zum Informationsstand und zur Unabhängigkeit des Boards beiträgt.
Ziel der Arbeitnehmervertretung im Board staatseigener Unternehmen ist es, die Rechenschaftspflicht gegenüber den Beschäftigten in ihrer Eigenschaft als Stakeholder zu stärken und den Informationsaustausch zwischen den Beschäftigten und dem Board zu erleichtern. Die Vertretung der Arbeitnehmer*innen kann dazu beitragen, die Diskussionen im Board zu bereichern und die Umsetzung von Board-Entscheidungen innerhalb des Unternehmens zu erleichtern. Wenn eine Arbeitnehmervertretung im Board staatseigener Unternehmen gesetzlich oder tarifvertraglich vorgeschrieben ist, sollte sie so organisiert sein, dass sie die Unabhängigkeit, die Kompetenz, den Informationsstand und die Diversität des Boards erhöht. Die Arbeitnehmervertreter*innen sollten dieselben Pflichten und Aufgaben haben wie alle anderen Board-Mitglieder, im besten Interesse des Unternehmens handeln und dabei gegebenenfalls den Interessen der Stakeholder Rechnung tragen, und sie sollten alle Anteilseigner gleichbehandeln. Die Vertretung der Arbeitnehmer*innen im Board staatseigener Unternehmen sollte nicht als eine Bedrohung der Unabhängigkeit des Boards verstanden werden.
Es sollten Verfahren eingerichtet werden, um den Arbeitnehmervertreter*innen im Board den Zugang zu Informationen, Weiterbildungen und Fachwissen zu erleichtern und ihre Unabhängigkeit von dem*der CEO und der Unternehmensleitung zu sichern. Dies beinhaltet geeignete, transparente und demokratische Bestellungsverfahren, eine verbindliche regelmäßige Berichterstattung an die Arbeitnehmer*innen – vorausgesetzt, die Vertraulichkeitsauflagen des Boards werden gebührend beachtet –, Weiterbildungen sowie klare Verfahren zur Regelung von Interessenkonflikten. Voraussetzung dafür, dass die Arbeitnehmervertreter*innen einen positiven Beitrag zur Arbeit des Boards leisten, sind auch Akzeptanz und konstruktive Kooperation seitens der anderen Board-Mitglieder und der Geschäftsleitung.
VI.H. Die Boards staatseigener Unternehmen sollten die Einrichtung von Fachausschüssen in Betracht ziehen, die sich aus unabhängigen und qualifizierten Mitgliedern zusammensetzen, um das Board als Ganzes bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen. Dies gilt vor allem für den Prüfungsausschuss – oder ein äquivalentes Organ – zur Überwachung der Offenlegung, interner Kontrollmechanismen und prüfungsbezogener Angelegenheiten. Je nach Größe, Struktur, Komplexität und Risikoprofil des staatseigenen Unternehmens kann das Board auch durch andere Ausschüsse, wie z. B. einen Vergütungs-, Nominierungs-, Risikomanagement- oder Nachhaltigkeitsausschuss, unterstützt werden. Die Mandate, Zusammensetzung und Arbeitsprozesse der Ausschüsse sollten klar definiert und vom Board offengelegt werden. Die volle Verantwortung für die getroffenen Entscheidungen verbleibt beim Board. Die Einrichtung von Fachausschüssen sollte die Effizienz des Boards verbessern und die Verantwortung des Boards als Ganzes nicht einschränken.
Die Einrichtung von Board-Ausschüssen kann eine wesentliche Rolle dabei spielen, die Effizienz der Boards staatseigener Unternehmen zu steigern, ihre Kompetenz zu erhöhen, die Arbeit auf bestimmte Bereiche zu fokussieren sowie ihre zentrale Verantwortung zu unterstreichen. Board-Ausschüsse können auch ein wirkungsvolles Instrument sein, um die Mentalität und Denkweise im Board zu beeinflussen und seine Autorität und Legitimität in Bereichen zu stärken, in denen es zu Interessenkonflikten kommen kann, wie z. B. bei der Auftragsvergabe, bei Geschäften mit nahestehenden Unternehmen und Personen und bei Fragen der Vergütung. Die Einrichtung von Fachausschüssen in Boards, insbesondere in großen staatseigenen Unternehmen, gemäß den im privatwirtschaftlichen Sektor üblichen Praktiken, schafft einen Mehrwert, u. a. in den Bereichen Abschlussprüfung, Vergütung, Nominierung, Strategie, Ethik, Risikomanagement, Nachhaltigkeit, digitale Transformation und Beschaffung.
Wenn keine Fachausschüsse vorgesehen sind, sollten diese Bereiche weiter klar in den Zuständigkeitsbereich des Boards fallen und Board-Mitgliedern zugewiesen werden. Der Eigentumsträger kann Leitlinien ausarbeiten, die definieren, in welchen Fällen die Einrichtung solcher Fachausschüsse in Erwägung zu ziehen ist. Grundlage dieser Leitlinien sollte eine Kombination aus verschiedenen Kriterien sein, wie Größe des staatseigenen Unternehmens, spezifische Risiken, denen es sich gegenübersieht, oder Kompetenzen, die in den Boards staatseigener Unternehmen besonders stark vertreten sein sollten.
Große staatseigene Unternehmen sollten zumindest über einen Prüfungsausschuss oder ein äquivalentes Organ verfügen, das sich mehrheitlich aus unabhängigen Board-Mitgliedern zusammensetzt, um die Offenlegung sowie die Wirksamkeit und Integrität des internen Kontrollsystems zu überwachen, insbesondere hinsichtlich der Innenrevision und prüfungsbezogener Angelegenheiten. Die Mitglieder dieser Organe sollten die Befugnis haben, sich mit allen Führungskräften des Unternehmens auszutauschen. Ihnen wird häufig die Verantwortung für die Aufsicht über das Risikomanagement übertragen, sofern diese nicht ganz oder teilweise einem Risikoausschuss zugewiesen wurde, wenn ein solcher existiert oder gesetzlich vorgeschrieben ist. Ob die Einrichtung eines separaten Risikoausschusses erforderlich ist, hängt von der Größe, der Struktur, der Komplexität und dem Risikoprofil des Unternehmens ab. Je nach geltenden Kodizes oder Vorschriften können die Staaten die Einrichtung von Nominierungs- und Vergütungsausschüssen auf Basis des „Comply or Explain“-Prinzips empfehlen.
Entscheidend ist, dass diese Fachausschüsse von einem*r nicht der Geschäftsführung angehörenden Vorsitzenden geleitet werden und dass sie eine Mindestzahl an unabhängigen Mitgliedern oder ausschließlich unabhängige Mitglieder umfassen. Gute Praxis erfordert jedoch, dass sich die Fachausschüsse mehrheitlich aus unabhängigen Mitgliedern zusammensetzen und dass ihr Vorsitz von einem unabhängigen Board-Mitglied übernommen wird. Wie groß der Anteil der unabhängigen Mitglieder sein soll, hängt von der Art des Ausschusses, möglichen Interessenkonflikten und dem Sektor ab, in dem das staatseigene Unternehmen tätig ist. Der Prüfungsausschuss sollte sich beispielsweise aus finanzkundigen Board-Mitgliedern und mehrheitlich unabhängigen Board-Mitgliedern zusammensetzen. Um Effizienz zu gewährleisten, sollte in der Zusammensetzung von Board-Ausschüssen sichergestellt sein, dass qualifizierte und kompetente Mitglieder mit einschlägigem Fachwissen vertreten sind. Wenn externe Sachverständige in den Board-Ausschüssen vertreten sind, die nicht in das Board bestellt wurden, können in einigen Staaten auch für sie treuhänderische Pflichten gelten. Laut Gesetz oder gemäß den Bedingungen des Boards sollten Ausschüsse Zugang zu den für ihre Aufgaben erforderlichen Informationen haben, eine angemessene Finanzierung erhalten und externe Sachverständige oder Berater*innen hinzuziehen können.
Um ihre allgemeine Nachhaltigkeitspolitik an der staatlichen Eigentumspraxis auszurichten, sollten staatseigene Unternehmen in Erwägung ziehen, Nachhaltigkeitsausschüsse einzurichten oder zumindest die Verantwortung für Nachhaltigkeitsfragen eindeutig innerhalb der Boards zu regeln. Diese Ausschüsse sollten über die nötigen Kompetenzen verfügen, um das Board im Hinblick auf soziale und ökologische Risiken, Chancen, Ziele und Strategien, insbesondere auch im Zusammenhang mit dem Klimawandel, zu beraten. Als Reaktion auf besondere Erfordernisse oder Unternehmenstransaktionen können auch temporäre Ad-hoc- oder Sonderausschüsse eingerichtet werden.
Ausschüsse haben eine Überwachungs- und Beratungsfunktion. Es muss jedoch klar sein, dass die Verantwortung für Entscheidungen – sofern nicht gesetzlich anderweitig festgelegt – in vollem Umfang beim gesamten Board verbleibt, und die Aufsicht und Rechenschaftspflicht des Boards sollte unmissverständlich sein. Der Aufgabenbereich der Fachausschüsse sollte schriftlich festgelegt und offengelegt werden und ihre Pflichten, ihr Mandat, ihre Arbeitsmethoden und ihre Zusammensetzung definieren. Die Fachausschüsse sollten dem Board als Ganzes Bericht erstatten, und ihre Sitzungsprotokolle sollten allen Board-Mitgliedern zur Kenntnis gebracht werden.
VI.I. Die Boards staatseigener Unternehmen sollten unter der Aufsicht des*der Board-Vorsitzenden regelmäßig methodische Evaluierungen durchführen, um ihre eigene Leistung und Effizienz zu beurteilen und zu untersuchen, ob sie über die richtige Kombination an persönlichen und Kompetenzprofilen verfügen, u. a. im Hinblick auf die Geschlechtergleichstellung und andere Diversitätskriterien.
Ein systematischer Evaluierungsprozess ist ein notwendiges Instrument zur Erhöhung der Professionalität des Boards und der Fachausschüsse staatseigener Unternehmen, weil er die Zuständigkeiten des Boards wie auch die Pflichten seiner Mitglieder klarer herausstellt. Ein solcher Prozess spielt auch eine wichtige Rolle bei der Ermittlung der erforderlichen Kompetenzen und des Profils der Board-Mitglieder. Zu berücksichtigen sind dabei Diversitätskriterien wie Geschlecht, Alter oder andere demografische Merkmale sowie die Erfahrung und Expertise in Bereichen wie Rechnungswesen, Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Risikomanagement oder in bestimmten Sektoren. Um die Geschlechterdiversität zu fördern, sollten staatseigene Unternehmen die Geschlechterzusammensetzung des Boards und der Unternehmensleitung sowie die Ausrichtung auf geltende Quoten oder freiwillige Zielvorgaben offenlegen. Staatseigene Unternehmen sollten darüber hinaus zusätzliche, komplementäre Maßnahmen in Betracht ziehen, um den weiblichen Führungsnachwuchs innerhalb des Unternehmens zu fördern, und andere Politikmaßnahmen verstärken, die auf eine Verbesserung der Diversität von Board und Geschäftsführung abzielen. Komplementäre Maßnahmen können von staatlichen, privaten und öffentlich-privaten Initiativen ausgehen. Sie umfassen beispielsweise Advocacy- und Sensibilisierungsmaßnahmen, Networking, Mentoring und Schulungsprogramme, die Gründung von Interessenvertretungen (Frauenorganisationen und Unternehmensverbände) oder Peer-Pressure durch Zertifizierungen, Auszeichnungen oder Listen von gleichstellungskonformen Unternehmen sowie eine Überprüfung der Rolle des Nominierungsausschusses und der Methoden für die Personalgewinnung. Staatseigene Unternehmen könnten auch Leitlinien oder Vorschriften entwickeln, um andere Formen von Diversität zu fördern, z. B. im Hinblick auf Erfahrung, Alter und andere demografische Merkmale.
Der Evaluierungsprozess ist zudem ein nützlicher Anreiz für die Board-Mitglieder, genügend Zeit und Mühe auf ihre Aufgaben als Board-Mitglied zu verwenden. Die Evaluierung sollte sich auf die Gesamtleistung des Boards als kollegiales Gremium beziehen. Sie kann auch die Effektivität der einzelnen Board-Mitglieder und den von ihnen jeweils geleisteten Beitrag berücksichtigen. Allerdings darf die individuelle Evaluierung der einzelnen Board-Mitglieder nicht auf Kosten der angestrebten und notwendigen Kollegialität der Arbeit des Boards gehen. Es gilt als gute Praxis, dass die Evaluierung in einen verbindlichen Aktionsplan mit Abhilfemaßnahmen mündet und dass die im Rahmen dieses Plans erzielten Ergebnisse jährlich oder regelmäßig überprüft werden.
Die Evaluierung des Boards sollte unter der Verantwortung des*der Vorsitzenden und gemäß den sich weiter entwickelnden guten Praktiken durchgeführt werden. Sie sollte Aspekte wie die Größe und Zusammensetzung des Boards sowie die Vergütung seiner Mitglieder umfassen. Die Evaluierungen können auch dazu dienen, effektive und angemessene Einführungs- und Schulungsprogramme für neue und bereits amtierende Board-Mitglieder auszuarbeiten. Bei der Durchführung der Evaluierung können die Boards staatseigener Unternehmen den Rat externer, unabhängiger Expert*innen wie auch des Eigentumsträgers einholen. Es gilt als gute Praxis, dass das Board regelmäßig eine Evaluierung des*der Board-Vorsitzenden, des Boards als Ganzes, seiner Ausschüsse und der einzelnen Board-Mitglieder sowie mindestens alle drei Jahre eine externe Prüfung vornimmt.
Die Ergebnisse der Board-Evaluierungen können auch eine nützliche Informationsquelle für künftige Nominierungs- und Bestellungsverfahren von Board-Mitgliedern darstellen. Dabei gilt es allerdings, das richtige Gleichgewicht zu finden: Die Evaluierungen des Boards können dafür genutzt werden, den Eigentumsträger auf die Notwendigkeit aufmerksam zu machen, in Zukunft Board-Mitglieder mit spezifischen Kompetenzen zu bestellen, die in einem gegebenen Board eines staatseigenen Unternehmens benötigt werden. Sie sollten generell jedoch nicht als Instrument verwendet werden, um einzelne, bereits amtierende Board-Mitglieder „auszusondern“. Dies könnte sie davon abhalten, bei den Diskussionen des Boards eine aktive und vielleicht entscheidende Rolle zu übernehmen.
VI.J. Die Boards staatseigener Unternehmen sollten die Risikomanagementsysteme aktiv überwachen. Sie sollten sicherstellen, dass diese Systeme neu bewertet und an die Gegebenheiten der staatseigenen Unternehmen angepasst werden, um die Relevanz und Leistungsfähigkeit der internen Kontrollen, Regelungen und Verfahren zu sichern.
Der Staat sollte darauf hinwirken, dass die Überwachung der Risikomanagementsysteme durch die Boards und Aufsichtsorgane staatseigener Unternehmen und die Umsetzung dieser Systeme durch die Geschäftsleitung den staatlichen Erwartungen und gegebenenfalls den Anforderungen an börsennotierte Unternehmen entsprechen. Soweit Anteilseigner diesbezüglich Erwartungen formulieren, sollte das Board diesen Anteilseignern gegenüber für seine Aufsicht über das Risikomanagement rechenschaftspflichtig sein.
Die Bestimmung des Risikoprofils und der Risikokultur des Unternehmens und die Überwachung seines Risikomanagementsystems, einschließlich interner Kontrollmechanismen, sind von wesentlicher Bedeutung für das Board und eng mit der Unternehmensstrategie verknüpft. Dies beinhaltet die Aufsicht über die Rechenschaftspflichten und Zuständigkeiten für die Risikosteuerung. Dabei geht es darum, Art und Umfang der Risiken zu bestimmen, die das Unternehmen bei der Verfolgung seiner Ziele einzugehen bereit ist, und festzulegen, wie die Risiken, die sich aus der Geschäftstätigkeit und den Beziehungen des Unternehmens ergeben, gesteuert werden können. Die Aufsicht durch das Board liefert der Geschäftsführung somit entscheidende Leitlinien für den Umgang mit Risiken, um dem angestrebten Risikoprofil des Unternehmens zu entsprechen.
Bei der Erfüllung dieser Schlüsselfunktionen sollte das Board sicherstellen, dass wesentliche Nachhaltigkeitsfragen berücksichtigt werden. Zu diesem Zweck sollten die Boards dafür sorgen, dass ihr Risikomanagement geeignete Mechanismen vorsieht, um bedeutende externe unternehmensrelevante Risiken zu bewältigen. Darüber hinaus sollte das Board sicherstellen, dass das Risikomanagement risikoabhängige Due-Diligence-Prüfungen umfasst, die den Unternehmen helfen, tatsächliche und potenzielle negative Auswirkungen der Geschäftstätigkeit zu ermitteln, zu verhindern und zu mindern, sowie Rechenschaft darüber abzulegen, wie diesen Auswirkungen begegnet wird.
In Reaktion auf regulatorische Anforderungen oder Empfehlungen zum Risikomanagement sowie auf neuartige Risiken haben einige Unternehmen einen Risikoausschuss eingerichtet und/oder die Rolle des Prüfungsausschusses ausgeweitet, um das Board bei der Überwachung des Risikomanagements zu unterstützen. Das Board selbst sollte jedoch in letzter Instanz für die Aufsicht über das Risikomanagement des Unternehmens und die Sicherung der Integrität der Berichtssysteme verantwortlich sein. In einigen Staaten ist eine Berichterstattung des*der Board-Vorsitzenden über den internen Kontrollprozess vorgesehen. Unternehmen mit hohen bzw. komplexen Risiken (finanzieller und nichtfinanzieller Art), wie etwa Konzerne, sollten die Einführung ähnlicher Berichtssysteme, z. B. eine direkte Berichterstattung gegenüber dem Board, für das konzernweite Risikomanagement und die Aufsicht über Kontrollmechanismen in Betracht ziehen.