Im Fall staatseigener Unternehmen, die börsennotiert sind oder an denen nichtstaatliche Anleger auf andere Weise beteiligt sind, sollten der Staat und die Unternehmen die Rechte aller Anteilseigner, einschließlich Minderheits- und ausländischer Anteilseigner, anerkennen und ihre Gleichbehandlung sowie ihren gleichberechtigten Zugang zu Unternehmensinformationen sicherstellen.
Es liegt im Interesse des Staates, die Gleichbehandlung aller Anteilseigner in allen Unternehmen, an denen er beteiligt ist, zu gewährleisten. Die diesbezügliche Reputation des Staates hat Einfluss auf die Fähigkeit staatseigener Unternehmen, externe Finanzierungsmittel zu mobilisieren, sowie auf die Unternehmensbewertung. Der Staat sollte daher sicherstellen, von anderen Anteilseignern nicht als intransparent, unvorhersehbar und unfair wahrgenommen zu werden. Er sollte sich vielmehr vorbildlich verhalten und sich bei der Behandlung der Anteilseigner an Best Practices orientieren.
IV.A. Der Staat sollte die vollständige Umsetzung der G20/OECD-Grundsätze der Corporate Governance anstreben, wenn er nicht der alleinige Eigentümer ist, sowie die Umsetzung aller zutreffenden Abschnitte der Grundsätze, wenn er Alleineigentümer ist.
Im Hinblick auf den Schutz der Anteilseigner umfasst dies:
IV.A.1. Der Staat und die staatseigenen Unternehmen sollten die Gleichbehandlung aller Anteilseigner sicherstellen.
Wann immer sich ein Teil des Kapitals eines staatseigenen Unternehmens in Händen privater Anteilseigner befindet – seien es institutionelle Anleger oder Privatpersonen – sollte der Staat deren Rechte anerkennen. Nichtstaatliche Anteilseigner sollten insbesondere vor missbräuchlichen Handlungen des Staates in seiner Eigenschaft als Eigentümer geschützt werden, und sie sollten über effektive Möglichkeiten verfügen, zu vertretbaren Kosten und ohne übermäßige Verzögerung gegen eine Verletzung ihrer Rechte vorzugehen. Darüber hinaus sollten private Anteilseigner nicht ohne triftigen Grund und marktgerechte Entschädigung durch den staatlichen Eigentümer enteignet werden. Insiderhandel, Marktmanipulation und missbräuchliche Insichgeschäfte sollten untersagt sein. Bezugsrechte sowie qualifizierte Mehrheiten für bestimmte Entscheidungen der Anteilseigner können ebenfalls ein zweckmäßiges Ex-ante-Instrument zum Schutz der Minderheitsanteilseigner sein. Besondere Aufmerksamkeit sollte dem Schutz der Anteilseigner bei Teilprivatisierungen staatseigener Unternehmen gelten.
Als dominierender Anteilseigner ist es dem Staat in vielen Fällen möglich, in Anteilseignerversammlungen Entscheidungen ohne Zustimmung anderer Anteilseigner zu treffen. Üblicherweise ist er in der Lage, über die Zusammensetzung des Boards zu entscheiden. Auch wenn es sich bei diesen Entscheidungsbefugnissen um einen legitimen Anspruch handelt, der sich aus den Eigentumsrechten ergibt, ist es doch wichtig, dass der Staat seine Stellung als dominierender Anteilseigner nicht missbraucht, indem er z. B. Ziele verfolgt, die nicht im Interesse des Unternehmens liegen und folglich für andere Anteilseigner von Nachteil sein können. Zu Missbrauch kann es durch unangemessene Geschäfte mit nahestehenden Unternehmen und Personen, die Beeinflussung von Geschäftsentscheidungen im eigenen Interesse oder Veränderungen der Kapitalstruktur zugunsten kontrollierender Anteilseigner kommen.
Der Eigentumsträger sollte Leitlinien für die Gleichbehandlung nichtstaatlicher Anteilseigner ausarbeiten. Er sollte sicherstellen, dass sich die einzelnen staatseigenen Unternehmen und insbesondere deren Boards der Bedeutung der Beziehungen mit den Anteilseignern vollauf bewusst sind und aktiv auf deren Verbesserung hinarbeiten. Es besteht ein Missbrauchspotenzial, wenn der Staat in einem über das Niveau seiner Kapitalbeteiligung hinausgehenden Maß Kontrolle ausüben kann. Die Nutzung goldener Aktien sollte auf Fälle beschränkt sein, in denen sie zum Schutz bestimmter grundlegender öffentlicher Interessen, z. B. im Hinblick auf die Wahrung der öffentlichen Sicherheit, zwingend erforderlich sind und in einem angemessenen Verhältnis zur Verfolgung dieser Ziele stehen. Ferner sollte der Staat die Existenz etwaiger Vereinbarungen zwischen Anteilseignern sowie Kapitalstrukturen offenlegen, die es einzelnen Anteilseignern ermöglichen, eine im Vergleich zu ihrem Kapitalanteil unverhältnismäßig starke Kontrolle über das betreffende Unternehmen auszuüben.
IV.A.2. Staatseigene Unternehmen sollten allen Anteilseignern gegenüber ein hohes Maß an Transparenz an den Tag legen, was eine gleichberechtigte und gleichzeitige Offenlegung aktueller Informationen einschließt.
Eine entscheidende Voraussetzung für den Schutz der Anteilseigner ist die Gewährleistung eines hohen Maßes an Transparenz. Generell sollten wesentliche Informationen allen Anteilseignern gegenüber gleichzeitig offengelegt werden, um deren Gleichbehandlung zu gewährleisten, insbesondere Informationen zu Finanzlage, Betriebsergebnissen, Nachhaltigkeit, Eigentumsverhältnissen und Corporate-Governance-Strukturen des betreffenden staatseigenen Unternehmens. Dazu gehört auch die zeitnahe und gleichzeitige Offenlegung wesentlicher Entwicklungen, die zwischen den regelmäßig vorzulegenden Berichten eintreten. Zudem sollten Vereinbarungen zwischen Anteilseignern, einschließlich Informationsvereinbarungen, die die Board-Mitglieder betreffen, offengelegt werden.
Minderheits- und sonstige Anteilseigner sollten Zugang zu allen notwendigen Informationen haben, um sachlich fundierte Anlageentscheidungen treffen zu können. Zugleich sollten maßgebliche Anteilseigner, einschließlich des Eigentumsträgers, die Informationen, die sie als kontrollierende Anteilseigner oder Board-Mitglieder u. U. erlangen, nicht missbräuchlich nutzen. Im Fall nicht börsennotierter staatseigener Unternehmen sind die anderen Anteilseigner im Allgemeinen bekannt und haben häufig privilegierten Zugang zu Informationen, weil sie z. B. Mitglieder des Boards sind. Der Eigentumsträger sollte jedoch – ungeachtet der Qualität und Vollständigkeit des gesetzlichen und regulatorischen Rahmens in Bezug auf die Offenlegung von Informationen – sicherstellen, dass alle Unternehmen, an denen der Staat beteiligt ist, Mechanismen und Verfahren einführen, die einen leichten und gleichberechtigten Informationszugang aller Anteilseigner gewährleisten. Insbesondere ist darauf zu achten, dass bei teilprivatisierten staatseigenen Unternehmen der Staat als Anteilseigner nicht in größerem Umfang an Unternehmensentscheidungen beteiligt sein oder Zugang zu Informationen haben sollte, als ihm gemäß seiner Kapitalbeteiligung zusteht.
IV.A.3. Staatseigene Unternehmen sollten eine aktive Kommunikations- und Konsultationspolitik gegenüber allen Anteilseignern entwickeln.
Staatseigene Unternehmen, einschließlich der Unternehmen, an denen der Staat eine Minderheitsbeteiligung hält, sollten ihre Anteilseigner identifizieren und sie ordnungsgemäß zeitnah und systematisch über wesentliche Ereignisse und bevorstehende Anteilseignerversammlungen informieren. Ferner sollten sie den Anteilseignern zuverlässige, vergleichbare und ausreichende Hintergrundinformationen zu Angelegenheiten bereitstellen, die zur Entscheidung anstehen, damit die Beschlussfassung mit fundierter Sachkenntnis erfolgen kann. Es obliegt den Boards staatseigener Unternehmen sicherzustellen, dass die Unternehmen ihren Informationspflichten gegenüber allen Anteilseignern, einschließlich institutioneller Anleger, nachkommen. Dabei sollten sich staatseigene Unternehmen nicht nur an die Vorgaben des bestehenden Gesetzes- und Regulierungsrahmens halten, sondern gegebenenfalls sogar darüber hinausgehen, wenn es zur Stärkung von Glaubwürdigkeit und Vertrauen angebracht erscheint und die damit verbundenen Anforderungen keine übermäßige Belastung darstellen. Wo immer möglich, trägt eine aktive Konsultation der Minderheitsanteilseigner dazu bei, den Entscheidungsprozess zu verbessern und die Akzeptanz wichtiger Entscheidungen zu erhöhen. Weitere Orientierungshilfen finden sich in den einschlägigen Bestimmungen der G20/OECD-Grundsätze der Corporate Governance.
IV.A.4. Allen Anteilseignern, einschließlich Minderheitsanteilseignern, sollten die Teilnahme und die Ausübung von Stimm- und anderen Rechten an Anteilseignerversammlungen erleichtert werden, damit sie sich an grundlegenden Unternehmensentscheidungen wie der Wahl der Board-Mitglieder beteiligen können. Die Staaten sollten die Online-Teilnahme an den Anteilseignerversammlungen gestatten, um die Mitwirkung der Anteilseigner und das Shareholder-Engagement zu erleichtern und die Kosten dafür zu senken. Die Anteilseignerversammlungen sollten in einer Art und Weise abgehalten werden, die allen Anteilseignern gleichen Zugang zu Informationen und gleiche Mitwirkungsmöglichkeiten gewährleistet.
Minderheitsanteilseigner sind möglicherweise besorgt darüber, dass Entscheidungen außerhalb der Anteilseignerversammlungen oder der Board-Sitzungen staatseigener Unternehmen getroffen werden könnten. Dies ist in börsennotierten Unternehmen mit einem maßgeblichen oder kontrollierenden Anteilseigner eine berechtigte Sorge, kann aber auch in Unternehmen, in denen der Staat der dominierende Anteilseigner ist, problematisch sein. Hier könnte es sich für den Staat in seiner Eigenschaft als Eigentümer empfehlen, den Minderheitsanteilseignern zuzusichern, dass ihre Interessen berücksichtigt werden. In Situationen, in denen es zu einem Konflikt zwischen den Interessen des Staates und den Interessen der Minderheitsanteilseigner kommen kann, wie z. B. bei Geschäften mit nahestehenden Unternehmen und Personen, sollte die Beteiligung der Minderheitsanteilseigner am Zustimmungsprozess für derartige Geschäfte in Betracht gezogen werden.
Das Recht zur Teilnahme an Anteilseignerversammlungen ist ein grundlegendes Recht der Anteilseigner. Um die aktive Teilnahme von Minderheitsanteilseignern an den Anteilseignerversammlungen staatseigener Unternehmen zu fördern und ihnen die Ausübung ihrer Rechte zu erleichtern (beispielsweise Auskünfte vom Board zu verlangen, bestimmte Punkte auf die Tagesordnung der Anteilseignerversammlung setzen zu lassen und Beschlussvorschläge einzureichen), könnten staatseigene Unternehmen besondere Vorkehrungen treffen. Dies kann durch die Einführung qualifizierter Mehrheiten für bestimmte Entscheidungen der Anteilseigner sowie, falls dies unter den jeweiligen Umständen sinnvoll erscheint, durch die Möglichkeit besonderer Abstimmungsregeln, wie z. B. kumulativer Stimmrechte, geschehen. Zusätzlich sollten Maßnahmen zur Erleichterung der Stimmabgabe in absentia ergriffen oder elektronische Abstimmungsverfahren entwickelt werden, um die Teilnahmekosten zu senken. Darüber hinaus könnte auch die Beteiligung der Inhaber*innen von Belegschaftsanteilen an den Anteilseignerversammlungen erleichtert werden, beispielsweise durch die Einwerbung von Stimmrechtsvollmachten.
Wichtig ist, dass sämtliche Sondervorkehrungen für den Schutz der Minderheitsanteilseigner sorgfältig abgewogen werden. Derartige Vorkehrungen sollten allen Minderheitsanteilseignern zugutekommen und dem Grundsatz der Gleichbehandlung in keiner Weise entgegenstehen. Sie sollten weder den Staat als Mehrheitsanteilseigner an der Ausübung seines rechtmäßigen Einflusses auf die Entscheidungsfindung hindern noch den Minderheitsanteilseignern gestatten, den Entscheidungsprozess über Gebühr zu verzögern.
Virtuelle oder hybride (Mischung aus Präsenz und virtueller Teilnahme) Anteilseignerversammlungen können das Shareholder-Engagement verstärken, indem Zeitaufwand und Kosten für die Teilnahme verringert werden. Der gesetzliche und regulatorische Rahmen sollte derartigen Versammlungen nicht im Wege stehen, solange sie in einer Weise durchgeführt werden, die die Gleichbehandlung, den Zugang zu Informationen sowie die Möglichkeit der Mitwirkung und Ausübung von Stimm- und anderen Rechten aller Anteilseigner gewährleistet. Zudem muss sichergestellt sein, dass die Minderheitsanteilseigner bei Online-Versammlungen ebenso wie bei Präsenz-Versammlungen die Gelegenheit haben, mit Board und Geschäftsführung in Dialog zu treten und Auskünfte zu verlangen. Weitere Orientierungshilfen, u. a. in Bezug auf die Auswahl und Nutzung von Online-Plattformen, sind in der Publikation G20/OECD-Grundsätze der Corporate Governance enthalten.
IV.A.5. Transaktionen zwischen dem Staat und staatseigenen Unternehmen sowie zwischen staatseigenen Unternehmen sollten zu marktüblichen Bedingungen erfolgen.
Um die Gleichbehandlung aller Anteilseigner sicherzustellen, sollten Transaktionen zwischen dem Staat und staatseigenen Unternehmen, einschließlich Finanzinstituten in Staatsbesitz, nach kommerziellen Erwägungen erfolgen. Dies ist konzeptionell mit dem Sachverhalt missbräuchlicher Geschäfte mit nahestehenden Unternehmen und Personen verwandt, unterscheidet sich jedoch insofern davon, als „nahestehende Unternehmen und Personen“ im Fall einer staatlichen Beteiligung weniger streng definiert sind. Staatseigene Unternehmen sind in der Regel autonome Rechtsträger, die in den Ländern, in denen sie tätig sind, der allgemeinen Rechtsstaatlichkeit unterliegen und durch diese geschützt werden sollten. Die Rechtsstaatlichkeit sollte auch gewährleisten, dass staatseigene Unternehmen nicht missbräuchlich zum Zweck der Parteienfinanzierung, Patronage, persönlichen Bereicherung oder Bereicherung nahestehender Unternehmen oder Personen genutzt werden. Den Regierungen wird empfohlen, die Marktüblichkeit aller Geschäfte staatseigener Unternehmen mit dem Staat sowie staatlich kontrollierten Rechtsträgern sicherzustellen und gegebenenfalls deren Redlichkeit zu prüfen. Ferner hängt dieser Sachverhalt mit den an anderer Stelle in diesen Leitsätzen behandelten Pflichten des Boards zusammen, da der Schutz aller Anteilseigner eine klar artikulierte Loyalitätspflicht der Board-Mitglieder gegenüber dem Unternehmen und seinen Anteilseignern ist.
IV.B. Alle börsennotierten und, so weit wie möglich, nicht börsennotierten staatseigenen Unternehmen sollten die jeweiligen nationalen Corporate-Governance-Kodizes einhalten.
Die meisten Länder verfügen über Corporate-Governance-Kodizes für börsennotierte Unternehmen. Die Umsetzungsmechanismen sind jedoch in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich: Einige Kodizes haben lediglich Empfehlungscharakter, andere werden (durch die Börsen- oder Wertpapieraufsicht) nach dem „Comply or Explain“-Prinzip umgesetzt, während wieder andere verbindlich sind. Die Leitsätze beruhen auf der Grundprämisse, dass sich staatseigene Unternehmen an Best-Practice-Standards für die Corporate Governance börsennotierter Unternehmen orientieren sollten. Daraus folgt, dass sowohl börsennotierte als auch nicht börsennotierte staatseigene Unternehmen stets die jeweiligen nationalen Corporate-Governance-Kodizes einhalten sollten, unabhängig davon wie bindend diese sind. Anteilseigner, Markt und maßgebliche Stakeholder können so die Ausrichtung des betreffenden staatseigenen Unternehmens am jeweiligen Kodex bewerten.
IV.C. In Fällen, in denen staatseigene Unternehmen verpflichtet sind, öffentliche Politikziele zu verfolgen, die sich wesentlich auf Leistung, Ergebnisse und Wirtschaftlichkeit des Unternehmens auswirken können, sollten der Öffentlichkeit und nichtstaatlichen Anteilseignern jederzeit hinreichende Informationen über diese Ziele zur Verfügung stehen.
Im Rahmen seiner Verpflichtung, ein hohes Maß an Transparenz gegenüber allen Anteilseignern zu gewährleisten, sollte der Staat sicherstellen, dass wesentliche Informationen zu den öffentlichen Politikzielen staatseigener Unternehmen sowie zu deren Begründung den nichtstaatlichen Anteilseignern und der Öffentlichkeit unter Einhaltung der wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen offengelegt werden, sofern dies Auswirkungen auf die Unternehmensbewertung haben kann. Diese Informationen sollten allen Anteilseignern zum Anlagezeitpunkt bereitgestellt und während des gesamten Anlagezeitraums kontinuierlich verfügbar gemacht und aktualisiert werden.
IV.D. Wenn sich staatseigene Unternehmen an Kooperationsprojekten wie z. B. Joint Ventures oder öffentlich-privaten Partnerschaften beteiligen, sollten die Vertragsparteien sicherstellen, dass die vertraglichen Rechte und Pflichten gewahrt und Streitigkeiten zeitnah und objektiv geklärt werden.
Wenn sich staatseigene Unternehmen an Kooperationsprojekten mit privaten Partnern beteiligen, sollte darauf geachtet werden, dass die vertraglichen Rechte aller Parteien gewahrt werden und effektive Entschädigungsmöglichkeiten und/oder Streitbeilegungsverfahren verfügbar sind. Diese Vereinbarungen sollten nicht als Mittel dienen, um den Technologietransfer von privaten Partnern an staatseigene Unternehmen zu erzwingen oder zu forcieren. Es können auch andere einschlägige OECD-Standards zur öffentlichen Governance von öffentlich-privaten Partnerschaften und zur Infrastrukturgovernance Anwendung finden. Eine der zentralen Empfehlungen dieser Standards lautet, dass alle impliziten und expliziten fiskalischen Risiken, denen der Staat aufgrund öffentlich-privater Partnerschaften oder anderer durch staatseigene Unternehmen abgeschlossene Vereinbarungen ausgesetzt ist, sorgfältig überwacht und gesteuert werden müssen. Diese durch staatseigene Unternehmen eingegangenen Kooperationsprojekte und Joint Ventures sollten mit der staatlichen Eigentümerpolitik in Einklang stehen, ohne den üblichen gesellschaftsrechtlichen Rahmen in Bezug auf die Befugnisse und die Verantwortung des Boards des betreffenden Unternehmens zu beeinträchtigen.
Ferner sollten in den förmlichen Vereinbarungen zwischen dem Staat und privaten Partnern bzw. zwischen den staatseigenen Unternehmen und privaten Partnern die jeweiligen Verantwortlichkeiten der Projektpartner im Fall unvorhergesehener Ereignisse klar festgelegt werden, während zugleich ausreichend Flexibilität für eine Neuverhandlung der Verträge im Bedarfsfall gegeben sein sollte. Streitbeilegungsverfahren müssen – unbeschadet anderer Rechtsbehelfe – sicherstellen, dass während der Projektlaufzeit auftretende Streitigkeiten fair und zeitnah geklärt werden.