Der Corporate-Governance-Rahmen sollte Anreize für staatliche Eigentumsträger und staatseigene Unternehmen setzen, ihre Entscheidungen so zu treffen und ihre Risiken so zu steuern, dass die Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit staatseigener Unternehmen gestärkt und eine langfristige Wertschöpfung gewährleistet wird. Wenn der Staat Nachhaltigkeitsziele verfolgt, sollte er als Eigentümer konkrete und ambitionierte Nachhaltigkeitserwartungen an die staatseigenen Unternehmen stellen, u. a. in Bezug auf die Rolle des Boards, Offenlegung und Transparenz sowie verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln. In der Eigentümerpolitik sollte die Verantwortung der staatseigenen Unternehmen gegenüber den Stakeholdern in vollem Umfang anerkannt werden.
Das Engagement von Staat und Wirtschaft zugunsten von Nachhaltigkeit und verantwortungsvollem unternehmerischem Handeln nimmt deutlich zu. Die jüngsten Krisen haben aufgezeigt, wie wichtig es ist, neue Risiken zu erkennen und Chancen zu nutzen, um die Resilienz gegenüber unerwarteten Schocks durch die Einführung nachhaltigerer und resilienterer Maßnahmen, Strategien und Praktiken zu steigern. Aus diesem Grund nimmt weltweit die Zahl der Länder zu, die in Anlehnung an das Pariser Klimaabkommen und die Ziele für nachhaltige Entwicklung Nachhaltigkeit ganz oben auf die politische Tagesordnung setzen und sich auf höchster Ebene zum Übergang zu einer nachhaltigen und resilienten klimaneutralen bzw. CO₂-armen Wirtschaft verpflichten. Dies erfordert von den Unternehmen, einschließlich der staatseigenen Unternehmen, dass sie auf die raschen Veränderungen in ihrem Regulierungs- und Geschäftsumfeld reagieren, die potenziellen Risiken steuern und die Chancen voll ausschöpfen, die derartige Übergangspfade mit sich bringen. Der Staat als Eigentümer hat eine Verantwortung dafür und ein Interesse daran sicherzustellen, dass staatseigene Unternehmen gerüstet sind, um sich neuen Entwicklungen anzupassen und neuen Schocks zu begegnen. Er sollte staatseigenen Unternehmen angemessene Anreize bieten, ihre Entscheidungen so zu treffen und ihre Risiken und Chancen so zu steuern, dass ihre Nachhaltigkeit und Resilienz erhöht und eine langfristige Wertschöpfung sichergestellt wird. Neben den Erwartungen der staatlichen Eigentümer können sich staatseigene Unternehmen auch freiwillige Ziele setzen oder als Reaktion auf die wachsenden Forderungen von nichtstaatlichen Anteilseignern, Marktteilnehmern und Stakeholdern gute Praktiken einführen und anwenden.
Staatseigene Unternehmen spielen in ihren Volkswirtschaften zwar häufig eine zentrale Rolle, scheinen zugleich aber auch Nachhaltigkeitsrisiken in besonderem Maße ausgesetzt zu sein. Insbesondere aufgrund der Art und sektoralen Verteilung ihrer Aktivitäten und ihrer Governancestrukturen, und vor allem wegen ihrer starken Konzentration in Sektoren, in denen sich die Emissionsreduktion schwierig gestaltet, machen die Aktivitäten staatseigener Unternehmen im Allgemeinen einen erheblichen Teil der globalen Treibhausgasemissionen aus und gehen mit erhöhten Umweltrisiken und einer größeren Gefahr von Menschenrechtsverletzungen und Korruption einher. Darüber hinaus sind staatseigene Unternehmen offenbar klimabedingten physischen Risiken und Transformationsrisiken stark ausgesetzt, insbesondere der Gefahr eines CO2-intensiven Lock-in-Zustands, da staatseigene Unternehmen oft große Infrastrukturanbieter oder CO2-intensive Unternehmen sind. Diese Risiken können durch Staatsbeteiligungen auf den Staat übertragen werden, z. B. über niedrigere oder volatilere Dividenden, Schulden, die nicht bedient werden können, wenn implizite oder explizite Garantien vorliegen, oder über Transformationsrisiken, wenn Investitionen aufgrund eines zu hohen CO2-Ausstoßes zu Stranded Assets führen können. Die Exposition gegenüber solchen Risiken kann daher ein Hindernis für die Erfüllung ehrgeiziger nationaler und internationaler Nachhaltigkeitsverpflichtungen darstellen, insbesondere im Bereich des Klimawandels. Wichtig ist, dass diese Risiken auch Auswirkungen auf die langfristige Leistungsfähigkeit und Wertschöpfung staatseigener Unternehmen sowie die Verwirklichung öffentlicher Politikziele haben können, was wiederum direkte Folgen für den Staatshaushalt sowie Einzelpersonen und Unternehmen hat, die auf Waren und Dienstleistungen staatseigener Unternehmen angewiesen sind.
In einem günstigen Umfeld und mit geeigneten Anreizen können staatseigene Unternehmen, darunter staatseigene Banken und andere öffentliche Finanzinstitute, bei der Förderung einer nachhaltigen Entwicklung und der Erleichterung eines gerechten Übergangs ebenfalls eine entscheidende Rolle spielen, indem sie z. B. CO2-arme Alternativen anbieten oder finanzieren.
In der Tat erkennen immer mehr Länder weltweit an, dass staatseigene Unternehmen mit gutem Beispiel vorangehen können und sollten. Dies ergibt sich auch aus der allgemeinen Annahme, dass der Staat seine Eigentumsrechte an staatseigenen Unternehmen im Interesse der Öffentlichkeit ausübt, die letztlich der eigentliche Anteilseigner ist. Im Einklang mit der OECD-Empfehlung zur Rolle des Staates bei der Förderung verantwortungsvollen unternehmerischen Handelns [OECD/LEGAL/0486] sollten die Regierungen mit gutem Beispiel vorangehen und Maßnahmen ergreifen, um verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln in ihrer Rolle als Wirtschaftsakteure und bei der Ausübung ihrer Geschäftstätigkeiten zu fördern und exemplarisch vorzuführen. Entsprechend sollten staatseigene Unternehmen dazu angehalten werden, die Standards für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln einzuhalten, um jeden potenziell schädlichen Effekt auf die Umwelt und die Gesellschaft zu adressieren, zu vermeiden oder zu mindern. Unter gewissen Umständen kann der Staat auch beschließen, staatseigenen Unternehmen spezifische ökologische und soziale Ziele aufzuerlegen, die seine Nachhaltigkeitsagenda unterstützen würden, insbesondere in den Bereichen Energie, Beschäftigung oder Verkehr. Sofern diese Ziele mit gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen gleichzustellen sind, sollten sie per Gesetz oder Verordnung klar vorgeschrieben sein. Ihre Kosten und Finanzierungsmechanismen sollten geeigneten Transparenz- und Offenlegungsstandards unterliegen, um gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle zu gewährleisten.
In seiner Rolle als Eigentümer sollte der Staat in staatseigenen Unternehmen nachhaltige und verantwortungsvolle Geschäftspraktiken und eine langfristige Wertschöpfung fördern und unterstützen, indem er insbesondere geeignete Nachhaltigkeitsstrategien entwickelt und nachhaltige und verantwortungsvolle Geschäftspraktiken sowohl in den Corporate-Governance-Rahmen staatseigener Unternehmen als auch in seine eigenen Eigentümerstrategien und -praktiken integriert. Konkret sollte der Staat die Einbeziehung der Stakeholder als eine Kernaufgabe der staatseigenen Unternehmen betrachten. Außerdem sollte er den Dialog mit den Stakeholdern über seine eigene Eigentümerpolitik erleichtern, um einen Meinungsaustausch über relevante wirtschaftliche, soziale oder ökologische Aspekte zu ermöglichen.
VII.A. Die vom Staat aufgestellten Nachhaltigkeitsziele sollten integraler Bestandteil der Eigentümerpolitik und -praxis des Staates sein.
Zur Gewährleistung der Politikkohärenz sollte sich die staatliche Eigentümerpolitik und -praxis an den allgemeineren nationalen Zielen für nachhaltige Entwicklung und den diesbezüglichen internationalen Verpflichtungen orientieren. In ihrer Rolle als aktive Eigentümer können staatliche Eigentumsträger auch auf freiwilliger Basis entscheiden, Nachhaltigkeitsziele und -unterziele in die Erwartungen an ihr Unternehmensportfolio zu integrieren.
Dazu gehört auch die Entwicklung einer Gesamtstrategie – mit einem detaillierten Aktionsplan und einem klaren Zeitplan – um sicherzustellen, dass die Investitionen, Infrastrukturen und Technologien der staatseigenen Unternehmen den Übergang hin zu einer nachhaltigen und resilienten Wirtschaft fördern. Die Strategie sollte auch eine angemessene Investitions-, Kapitalstruktur- und Haushaltsplanung umfassen, um den Einsatz der für die Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele verfügbaren Ressourcen zu optimieren und so den langfristigen Nutzen für die Anteilseigner und letztlich für die Gesellschaft zu maximieren. Im Rahmen seiner Nachhaltigkeitsstrategie kann der staatliche Eigentümer u. a. Anreize für öffentlich-private Partnerschaften setzen und die staatseigenen Unternehmen ermutigen, nachhaltige Innovationen, Kreislaufwirtschaft, erneuerbare Energien und Energieeffizienz zu fördern. Dort, wo der Staat für seine voll in Staatsbesitz befindlichen Unternehmen wesentliche Nachhaltigkeitsziele verabschiedet hat oder Verpflichtungen eingegangen ist, sollte er die Unternehmen gegebenenfalls dazu ermutigen, glaubwürdige Klimaschutzpläne und insbesondere Anpassungspläne zu entwickeln. Außerdem sollte er sie anhalten, bei den Dekarbonisierungsanstrengungen sowie generell bei Klimaschutzmaßnahmen, wie der Wiederherstellung der Natur und dem Gewässerschutz, eine aktive Rolle zu übernehmen. Wichtig ist, dass der Staat als Eigentümer Nachhaltigkeitsziele in seine langfristige Shareholder- und Investmentstrategie einbezieht, gleichzeitig aber die Exposition seines Portfolios gegenüber Nachhaltigkeitsrisiken besonders aufmerksam verfolgt. Besonders zu beachten sind Dividendenausfälle, künftige Schuldenlasten oder Situationen, in denen Transformationsrisiken aufgrund eines zu hohen CO2-Ausstoßes zu Stranded Assets führen können. Derartige Evaluierungen von Nachhaltigkeitsrisiken sollten staatseigenen Unternehmen und ihren Boards zur Prüfung vorgelegt werden.
Der Staat kann das Potenzial staatseigener Unternehmen zur Förderung der Nachhaltigkeitsagenda erkennen, insbesondere anhand ihrer Kapazität, CO2-arme Alternativen bereitzustellen und Forschungs- und Entwicklungsprojekte im Bereich Nachhaltigkeit zu leiten. Die staatseigenen Banken und andere öffentliche Finanzinstitute können ebenfalls eine Rolle spielen, indem sie Nachhaltigkeitsaspekte systematisch in ihre Kredit- und Finanzierungspraktiken einbeziehen. Wenn Anreize für staatseigene Unternehmen oder andere Marktteilnehmer geschaffen werden, sollte der Wahrung gleicher Wettbewerbsbedingungen jedoch besondere Aufmerksamkeit gelten, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Wettbewerbsverzerrende Effekte sollten nicht mit Nachhaltigkeitsbegründungen gerechtfertigt werden.
Aufgrund ihres multidimensionalen Charakters sollten nachhaltigkeitsbezogene Maßnahmen und Strategien ressortübergreifend – in Koordinierung mit den zuständigen staatlichen Stellen und in Konsultation mit maßgeblichen Stakeholdern – ausgearbeitet werden. Eine effiziente Koordinierung auf gesamtstaatlicher Ebene dürfte dazu beitragen, die potenzielle Gefahr von Interessenkonflikten oder politischen Eingriffen in staatseigenen Unternehmen zu verringern und so die Trennung zwischen der Eigentümerfunktion des Staates und seinen anderen Governanceaufgaben, insbesondere seiner Rolle als Wirtschaftsregulierer oder politischer Entscheidungsträger, aufrechtzuerhalten.
Dies bedeutet:
VII.A.1. Es sollten konkrete und ambitionierte Nachhaltigkeitserwartungen für staatseigene Unternehmen aufgestellt werden, die mit der Eigentümerpolitik und -praxis im Einklang stehen. Dabei sollte der Staat die Rechte aller Anteilseigner respektieren und alle Anteilseigner fair behandeln.
In seiner Rolle als aktiver Eigentümer sollte der Staat ambitionierte Erwartungen für staatseigene Unternehmen definieren und kommunizieren, um die Nachhaltigkeit und Resilienz sowie die langfristige Wertschöpfung dieser Unternehmen zu fördern. Diese auf höchster Ebene formulierten Erwartungen sollten sich in der staatlichen Eigentümerpolitik und/oder anderen maßgeblichen Grundsatzdokumenten niederschlagen und mit den übergeordneten Nachhaltigkeitszielen und -verpflichtungen des Staates, einschließlich internationaler Zusagen, übereinstimmen. Sie betreffen u. a. Offenlegung und Transparenz, die Rolle und Pflichten des Boards sowie Erwartungen des Staates in Bezug auf die Einhaltung der Standards für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln sowie die Einbeziehung der Stakeholder. Für Unternehmen einer bestimmten Größe und/oder mit einem spezifischen Risikoprofil kann der Staat beispielsweise auch Erwartungen in Bezug auf die Governancestrukturen des Boards (d. h. die Einrichtung von Nachhaltigkeitsausschüssen) und dessen Zusammensetzung (d. h. Berücksichtigung von Kompetenzen im Bereich der Nachhaltigkeit unter den Qualifikationen der Board-Mitglieder) formulieren.
Auch wenn es zu den Pflichten des Staates gehört, Erwartungen zu formulieren und einen Gesetzes- und Regulierungsrahmen einzurichten, der garantiert, dass staatseigene Unternehmen die Nachhaltigkeitserwartungen der Regierung erfüllen, sollten die Boards weiterhin dafür zuständig sein, die Ziele und Umsetzungsrahmen staatseigener Unternehmen zur Förderung der Nachhaltigkeit auszuarbeiten. Die Erwartungen des Staates sollten nicht als Obergrenze für die Nachhaltigkeitsbemühungen der Portfolios an staatseigenen Unternehmen verstanden werden. Letztere sollten über einen gewissen Spielraum verfügen, um mit gutem Beispiel voranzugehen.
Ist der Staat nicht der alleinige Eigentümer, sollte er seine Erwartungen auf transparente Weise durch seine staatliche Eigentümerpolitik, auf Anteilseignerversammlungen und durch die effektive Ausübung seiner Anteilseignerrechte kommunizieren. Dabei sollte der Staat die Rechte der anderen Anteilseigner respektieren und die anderen Anteilseigner fair behandeln. Auch wenn die Erwartungen des Staates an die Unternehmen unterschiedlich sein können, je nachdem, ob der Staat alleiniger, Mehrheits- oder Minderheitsanteilseigner ist, sind Klarheit und Transparenz seiner Erwartungen als Eigentümer eine wichtige Ausgangsbasis, um die Integration von Nachhaltigkeitszielen in die Geschäftstätigkeit und Entscheidungsfindung der einzelnen staatseigenen Unternehmen zu fördern. Ohne einen klaren Rahmen wird staatseigenen Unternehmen u. U. ein Anreiz geboten, Regeln nicht einzuhalten.
An das gesamte Portfolio an Unternehmen sollten hohe Erwartungen gestellt werden, die gegebenenfalls sektorübergreifende wie auch sektorspezifische Überlegungen enthalten sollten. Je nach Eigentumsrahmen und -praxis kann der Staat durch sektorspezifische Vorschriften, Erwartungsschreiben, Dialog und/oder individuelle Mandate einzelner staatseigener Unternehmen auch spezifischere Nachhaltigkeitsziele festlegen. In diesem Prozess sollte der Staat von übermäßigen oder passiven Eingriffen in die Geschäftsführung staatseigener Unternehmen absehen und den staatseigenen Unternehmen völlige operative Autonomie zur Verwirklichung der gesetzten Ziele gewähren.
Wenn neue Nachhaltigkeitsanforderungen zu einer grundlegenden Veränderung des Gesamtauftrags eines staatseigenen Unternehmens führen oder wenn dem Unternehmen neue Zuständigkeiten übertragen werden, die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen gleichkommen, sollten diese Pflichten klar definiert und der Öffentlichkeit gegenüber offengelegt werden. Ihre Nettokosten sollten auf transparente Weise gedeckt werden.
VII.A.2. Die Erwartungen des Staates im Bereich der Nachhaltigkeit sollten in einem regelmäßigen Dialog mit den Boards kommuniziert und präzisiert werden.
Die staatlichen Eigentumsträger sollten den auf höchster Ebene formulierten Erwartungen nachkommen, indem sie aktiv mit den Boards einzelner staatseigener Unternehmen und gegebenenfalls anderen Anteilseignern in Kontakt treten, um gegenseitiges Verständnis aufzubauen und zu festigen und potenzielle Zielkonflikte zu bewältigen. Ein solcher Dialog, der mehrere Diskussionsrunden und Klarstellungen mit den Anteilseignern rechtfertigen kann, dürfte auch die Umsetzung der Erwartungen voranbringen, indem er dafür sorgt, dass die Boards staatseigener Unternehmen die Nachhaltigkeitserwartungen effektiv in sinnvolle Strategien und Ziele für die Geschäftsleitung ummünzen.
Zu diesem Zweck sollten die staatlichen Eigentumsträger in einem regelmäßigen Dialog mit den Boards der einzelnen staatseigenen Unternehmen stehen, um ihre Nachhaltigkeitserwartungen mitzuteilen und gegebenenfalls ihre Meinungen zu diesen Erwartungen und/oder diesbezüglichen Risiken und Chancen auszutauschen. Bei Unternehmen, die sich nicht vollständig in Staatsbesitz befinden, sollte der Staat seine Erwartungen im Rahmen der Ausübung seiner Anteilsrechte in den Anteilseignerversammlungen oder Board-Sitzungen unter gebührender Achtung der anderen Anteilseigner kommunizieren und/oder klarstellen.
VII.A.3. Die Ausrichtung staatseigener Unternehmen an den Nachhaltigkeitserwartungen und die damit verbundenen Ergebnisse sollten regelmäßig bewertet, überwacht und offengelegt werden.
Der Staat sollte die Umsetzung der an staatseigene Unternehmen gerichteten allgemeinen Nachhaltigkeitserwartungen überwachen. Zu diesem Zweck sollte der Staat die Nachhaltigkeitserwartungen angemessen in das bestehende Berichtssystem integrieren, um in der Lage zu sein, die Leistung staatseigener Unternehmen regelmäßig zu evaluieren und die Einhaltung der an sie auf höchster Ebene gerichteten Erwartungen und der geltenden gesetzlichen und regulatorischen Auflagen zu überwachen. Der Staat sollte allen staatseigenen Unternehmen seine Erwartungen im Bereich der Berichterstattung klar mitteilen und der breiten Öffentlichkeit seine Nachhaltigkeitserwartungen und die erzielten Ergebnisse offenlegen, u. a. auch im Gesamtbericht.
Regelmäßige Leistungsprüfungen können den Eigentumsträgern helfen, sich ein klares Bild von den Nachhaltigkeitsfragen in Bezug auf ihre Portfolios und einzelne Unternehmen zu verschaffen und in voller Sachkenntnis neue Leistungsziele festzulegen oder anzupassen. Der Staat sollte auch in Erwägung ziehen, die Leistung seines Portfolios als Ganzes zu evaluieren und zu untersuchen, wie es zu einer langfristigen Wertschöpfung beitragen kann. Um seine Analyse zu untermauern, kann der Staat beispielsweise die Exposition seines Unternehmensportfolios gegenüber Nachhaltigkeitsrisiken messen und/oder die Nachhaltigkeitsleistung staatseigener Unternehmen im Portfolio oder im Vergleich zu anderen Unternehmen bewerten. Der Staat kann diese Erkenntnisse nutzen, um Nachhaltigkeitsrisiken und -chancen zu evaluieren und zu priorisieren und sachlich fundierte Erwartungen zu formulieren.
VII.B. Der Staat sollte von den Boards staatseigener Unternehmen erwarten, dass sie bei der Ausübung ihrer Schlüsselfunktionen Nachhaltigkeitsrisiken und -chancen angemessen Rechnung tragen.
Auch wenn dem Staat in seiner Funktion als Eigentümer eine wichtige Rolle dabei zukommt, von oben den Ton anzugeben, sollte er von den staatseigenen Unternehmen verlangen, selbst die Verantwortung dafür zu tragen, dass diese Erwartungen des Staates effektiv in die Strategie und Geschäftstätigkeit des Unternehmens eingebunden sind. Selbst wenn auf höchster Ebene keine formellen Nachhaltigkeitserwartungen formuliert werden, sollten staatseigene Unternehmen bemüht sein, bei globalen Trends eine Vorreiterrolle einzunehmen und Initiativen zu ergreifen, die der Leistungsfähigkeit und Resilienz des Unternehmens auf lange Sicht zugutekommen würden. Staatseigene Unternehmen sollten über internationale Entwicklungen und gute Praktiken auf dem Laufenden bleiben, indem sie u. a. regelmäßig an Fort- und Weiterbildungen teilnehmen und einen regelmäßigen Austausch und Dialog mit den Beschäftigten und anderen maßgeblichen Stakeholdern führen.
Der Staat sollte sicherstellen, dass die Boards staatseigener Unternehmen über uneingeschränkte operative Autonomie verfügen, um ihre strategischen Ziele zu erreichen, insbesondere auch im Bereich der Nachhaltigkeit. Ihnen sollte ein klares Mandat und letztlich die Verantwortung für die Leistung des Unternehmens zugewiesen werden. Sie sollten angemessenen Berichts- und Monitoringmechanismen unterliegen. Insbesondere sollten die Boards staatseigener Unternehmen ihre eigenen Nachhaltigkeitsstrategien und -ziele im Einklang mit der Gesamtstrategie des Unternehmens formulieren. Gegebenenfalls sollten sie einen Katalog strategischer Nachhaltigkeitsindikatoren und -ziele festlegen, um ihre Leistungen daran zu messen und darüber Bericht zu erstatten.
Die Boards staatseigener Unternehmen sollten außerdem wirksame Governancestrukturen und interne Kontrollen gewährleisten, die am Risikomanagementrahmen ausgerichtet sind und auch Due-Diligence-Prozesse vorsehen können. Ihr Ziel sollte darin bestehen, nicht nur die finanziellen und operativen Risiken zu ermitteln und zu bewältigen, sondern auch die Risiken in den Bereichen Menschenrechte, Beschäftigung, Umwelt und Steuerangelegenheiten zu erfassen. Damit ihre Unternehmensstrategie (im Bereich Nachhaltigkeit) effektiv ist, sollten staatseigene Unternehmen ihre Anstrengungen auch auf Risiken konzentrieren, die mit ihren eigenen Aktivitäten zusammenhängen. Dies umfasst die Risiken in Bezug auf ihre Geschäftstätigkeit, ihre Waren oder Dienstleistungen bzw. Geschäftsbeziehungen sowie ihre Tochtergesellschaften und Lieferketten.
Um ein effektives Nachhaltigkeitsmanagement auf Unternehmensebene zu gewährleisten, sind folgende Voraussetzungen von entscheidender Bedeutung:
VII.B.1. Die Boards staatseigener Unternehmen sollten die Entwicklung, Umsetzung und Offenlegung wesentlicher Nachhaltigkeitsziele und -unterziele im Rahmen der Unternehmensstrategie prüfen und steuern.
Die Boards sollten die Nachhaltigkeitserwartungen und -ziele der Anteilseigner effektiv in ihre Geschäftsstrategien integrieren und zu diesem Zweck spezifische Zielvorgaben und Indikatoren aufstellen. Nachhaltigkeitsstrategien und/oder -pläne sollten integraler Bestandteil der Gesamtgeschäftsstrategie des Unternehmens sein und sich daran orientieren. Sie sollten außerdem mit den geltenden gesetzlichen und regulatorischen Anforderungen, einschließlich der Berichtspflichten, im Einklang stehen und die Interessen der Stakeholder, einschließlich der Beschäftigten, sowie die Interessen des Unternehmens und seiner Anteilseigner berücksichtigen. Effektive Nachhaltigkeitspläne und -strategien können dazu beitragen, dass sich Nachhaltigkeitserwartungen in sachdienlichen Verbesserungen der Geschäftspraktiken niederschlagen und so das allgegenwärtige „Greenwashing“ und „Social Washing“ vermeiden helfen.
Nachhaltigkeitsziele und -unterziele sollten sich auf kohärente, vergleichbare und verlässliche Messgrößen stützen und mit den Erwartungen der Anteilseigner sowie den geltenden gesetzlichen, vertraglichen und regulatorischen Anforderungen im Einklang stehen. Die Nutzer und insbesondere die Anleger und maßgeblichen Stakeholder, wie die Beschäftigten, können so sicher sein, dass die ihnen erteilten Informationen glaubwürdig sind. Die Informationen sollten regelmäßig offengelegt werden, damit die Anteilseigner, Anleger und Stakeholder die Glaubwürdigkeit des angekündigten Ziels und der von der Geschäftsführung erzielten Fortschritte beurteilen können. Die Offenlegung kann beispielsweise Zwischenziele für langfristige Zielsetzungen, die jährliche und kohärente Mitteilung wichtiger Nachhaltigkeitskennzahlen und etwaige Korrekturmaßnahmen des Unternehmens bei Zielverfehlungen umfassen.
VII.B.2. Staatseigene Unternehmen sollten Nachhaltigkeitsaspekte in ihre Risikomanagement- und internen Kontrollsysteme integrieren und hierfür u. a. risikobasierte Due-Diligence-Prüfungen vorsehen.
Die Überwachung der Geschäftsleitung und der Minderung von Risiken, einschließlich Nachhaltigkeitsrisiken, gehört zu den Hauptaufgaben des Boards und ist für den langfristigen Erfolg eines Unternehmens von entscheidender Bedeutung.
Das Risikomanagementsystem eines staatseigenen Unternehmens sollte die wesentlichen externen unternehmensrelevanten Risiken (z. B. Gesundheitskrisen) abdecken. Darüber hinaus sollte es risikoabhängige Due-Diligence-Prüfungen umfassen, um im Einklang mit den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen zu verantwortungsvollem unternehmerischem Handeln tatsächliche und potenzielle negative Auswirkungen der Geschäftstätigkeit zu ermitteln, zu verhüten und zu mindern sowie Rechenschaft darüber abzulegen, wie diesen Auswirkungen begegnet wird. Um effektiv zu sein, sollte die risikobasierte Due-Diligence-Prüfung durch zusätzliche Maßnahmen zur Verankerung verantwortungsvollen unternehmerischen Handelns in Strategien und Managementsystemen flankiert werden.
Durch die Durchführung risikoabhängiger Due-Diligence-Prüfungen wird sichergestellt, dass sich das staatseigene Unternehmen nicht darauf beschränkt, einfach nur die wesentlichen Risiken für das Unternehmen selbst zu ermitteln und zu bewältigen, sondern darüber hinaus auch die Risiken negativer Auswirkungen miteinbezieht. Hierzu gehören tatsächliche und potenzielle negative Auswirkungen auf die Menschenrechte, die Arbeitsrechte (z. B. Kinderarbeit, Zwangs- oder Pflichtarbeit) und die Umwelt (z. B. Klimawandel, Umweltverschmutzung, Verlust biologischer Vielfalt). Eine wirksame Vermeidung und Minderung negativer Effekte kann den staatseigenen Unternehmen wiederum helfen, den langfristigen Wert dieser Unternehmen für die Gesellschaft zu maximieren, die Beziehungen zu den Stakeholdern zu verbessern und ihren Ruf zu schützen. Staatseigene Unternehmen können auch Due-Diligence-Prüfungen durchführen, um gesetzliche Auflagen in spezifischen Bereichen zu erfüllen, wie u. a. Arbeitsgesetzgebung, Umwelt, Corporate Governance, Strafrecht bzw. Korruptionsbekämpfung.
Die wachsende Teilnahme staatseigener Unternehmen an globalen Märkten und grenzüberschreitenden Aktivitäten lässt auch zunehmende Bedenken hinsichtlich sozialer und ökologischer Risiken in Verbindung mit ihren globalen Lieferketten aufkommen. Daher sollten staatseigene Unternehmen die zahlreichen gesetzlichen und regulatorischen Entwicklungen berücksichtigen, die derzeit in verschiedenen Staaten erörtert werden, insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung der Menschenrechts- und Umweltauflagen in Lieferketten.
VII.B.3. Die Boards staatseigener Unternehmen sollten bei der Beurteilung und Überwachung der Leistung der Geschäftsführung Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigen.
Bei der Ausübung seiner Funktionen sollte das Board die Leistung der Geschäftsführung effektiv beurteilen und überwachen und sicherstellen, dass sie die strategischen Ziele des Unternehmens, einschließlich der Nachhaltigkeitsziele, sachdienlich verfolgt. Die Boards staatseigener Unternehmen sollten sicherstellen, dass die Unternehmensleitung über die erforderlichen Kompetenzen verfügt, um Nachhaltigkeitsrisiken und -chancen zu verstehen und zu steuern und das Unternehmen in Richtung wertschöpfender Strategien zu lenken, insbesondere wenn diese Risiken oder Chancen für das Unternehmen von wesentlicher Bedeutung sein könnten.
Die Boards staatseigener Unternehmen können weitere Anreize für die Mitglieder der Geschäftsführung schaffen, im langfristigen Interesse des Unternehmens und seiner Anteilseigner zu handeln, indem sie nachhaltigkeitsbezogene Kriterien in die Vergütungspläne der Führungskräfte aufnehmen. In solchen Fällen sollten die Boards die in Leitsatz VI.B beschriebenen Vergütungs- und Anreizpraktiken befolgen.
Zwischen den Interessen der Anteilseigner und den langfristigen Nachhaltigkeitszielen abzuwägen, ist für das Board und die Geschäftsführung häufig schwierig, da langfristige Nachhaltigkeitsziele schwer zu messen sind und die Datenlage häufig unklar und unsicher ist. Die Einführung einer Business-Judgement-Rule (gesetzlich verankertes Haftungsprivileg) oder einer ähnlichen Bestimmung kann Boards ermutigen, Nachhaltigkeitsfaktoren zu berücksichtigen, indem sie die Mitglieder des Boards und der Geschäftsführung gegen Prozessrisiken absichert, wenn diese eine unternehmerische Entscheidung gewissenhaft, mit gebührender Sorgfalt, angemessen informiert und ohne Interessenkonflikte getroffen haben.
VII.C. Der Staat sollte darauf dringen, dass die staatseigenen Unternehmen angemessene nachhaltigkeitsbezogene Berichterstattungs- und Offenlegungspflichten auf Basis kohärenter, vergleichbarer und verlässlicher Informationen erfüllen.
Solide Berichterstattungs- und Offenlegungsstandards in staatseigenen Unternehmen in Bezug auf Governance, Strategie, Risikomanagement und nichtfinanzielle Ergebnisse, einschließlich nachhaltigkeitsbezogener Informationen und Kennzahlen (wie z. B. Treibhausgasemissionen oder Tarifbindung) werden für Anteilseigner, Anleger, Beschäftigte und andere maßgebliche Stakeholder, einschließlich der breiten Öffentlichkeit, immer relevanter und wichtiger. Diese Standards sind auch wichtig, um die Rechenschaftspflicht der Boards und Führungskräfte staatseigener Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeit zu stärken, und sie ermöglichen es dem Staat, als sachkundiger Eigentümer zu agieren, indem er ein klareres Bild von der Leistung staatseigener Unternehmen vermittelt.
Der Staat sollte von staatseigenen Unternehmen nichtfinanzielle Berichterstattung und Offenlegung verlangen, um zu zeigen, wie sie den Nachhaltigkeitserwartungen gerecht werden und einen Mehrwert für den Staat, die Anteilseigner und die Bürger*innen schaffen. Sie sollten ausdrücklich dazu verpflichtet werden, im Einklang mit hohen international anerkannten Qualitätsstandards zeitnah und auf zugängliche Weise klare, korrekte und vollständige wesentliche Informationen zu nachhaltigkeitsbezogenen Maßnahmen, Aktivitäten, Risiken, Zielen und Leistungsmessgrößen bereitzustellen und offenzulegen. Neben den in den Anmerkungen zu Leitsatz V.A als wesentlich betrachteten Informationen können sich diese beispielsweise auf Umwelt-, Sozial- und Governancefragen sowie die Einhaltung der einschlägigen gesetzlichen Verpflichtungen oder spezifischen Richtlinien in den Bereichen Menschenrechte, Gesundheit, Sicherheit, Vielfalt, Verbrauchersicherheit, Beschäftigung, Korruptionsbekämpfung und nachhaltige Geschäftspraktiken beziehen. Die Kohärenz und Interoperabilität zwischen der regionalen bzw. nationalen nachhaltigkeitsbezogenen Offenlegung und international anerkannten Standards kann dennoch ein gewisses Maß an Flexibilität hinsichtlich zusätzlicher lokaler Offenlegungspflichten zulassen, insbesondere bei Fragen, deren Wesentlichkeitscharakter von besonderen geografischen Merkmalen oder den Auflagen des jeweiligen Staates abhängen kann.
Darüber hinaus sollten staatseigene Unternehmen gegebenenfalls Informationen über wichtige, die Beschäftigten und andere Stakeholder betreffende Fragen zur Verfügung stellen, die wesentlichen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit des Unternehmens oder bedeutende Auswirkungen auf die Stakeholder haben können. Die Offenlegung kann die Beziehungen zwischen der Geschäftsführung und den Beschäftigten betreffen, darunter Aspekte wie Vergütung, Tarifbindung und Mechanismen der Arbeitnehmervertretung, sowie die Beziehungen zu anderen Stakeholdern wie Gläubigern, Lieferanten, Kunden und Gemeinschaften, die von den Aktivitäten staatseigener Unternehmen betroffen sind – unter besonderer Berücksichtigung marginalisierter und schutzbedürftiger Gruppen.
Einige Länder verlangen die Offenlegung detaillierter Angaben zur Belegschaft. Informationen zur Personalpolitik, z. B. im Hinblick auf Mitarbeiterschulung und -weiterbildung, Fluktuationsraten und Belegschaftsaktienprogramme, können den Marktteilnehmern und anderen Stakeholdern wichtige Rückschlüsse auf die Wettbewerbsstärke des betreffenden Unternehmens gestatten.
VII.C.1. Die nachhaltigkeitsbezogene Berichterstattung und Offenlegung sollte sich an qualitativ hochwertigen international anerkannten Standards orientieren, die die Kohärenz und Vergleichbarkeit der offengelegten Nachhaltigkeitsinformationen zwischen Märkten, Staaten und Unternehmen erleichtern.
Auch wenn anerkannt ist, dass eine „Standardlösung“ ihre Grenzen hat, können staatliche Eigentumsträger beschließen, Berichtsstandards und Leistungsindikatoren zu harmonisieren oder zu standardisieren, um eine größere Kohärenz, Verlässlichkeit und Vergleichbarkeit nachhaltigkeitsbezogener Angaben zwischen Unternehmen und Märkten zu gewährleisten. Zu diesem Zweck können Berichts- und Offenlegungsvorschriften einen Mindestkatalog an vordefinierten Indikatoren in Verbindung mit bestehenden Rahmenkonzepten vorsehen oder die Anwendung (spezifischer) international anerkannter Berichtsstandards verlangen, um die Qualität der Berichterstattung zu gewährleisten und die Diskrepanz zwischen den Berichtspraktiken in Grenzen zu halten. Hierfür sollten die staatlichen Eigentumsträger mit den sich wandelnden international anerkannten Standards Schritt halten, darunter insbesondere den G20/OECD-Grundsätzen der Corporate Governance und den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen zu verantwortungsvollem unternehmerischem Handeln, den Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte sowie dem UN Global Compact und der Agenda 2030. Der Einsatz wissenschaftsbasierter Zielmessgrößen sollte gefördert werden, insbesondere wenn die offengelegten Daten Klimaschutzpläne betreffen (d. h. sich z. B. auf die Reduzierung der Treibhausgasemissionen oder den Verlust an biologischer Vielfalt beziehen). Eine stärkere Harmonisierung kann auch die Rolle des Staates als aktiver und sachkundiger Eigentümer unterstützen, indem sie Vergleiche von Nachhaltigkeitsinformationen zwischen staatseigenen Unternehmen und anderen Unternehmen ermöglicht.
Viele Länder empfehlen oder verlangen, dass staatseigene Unternehmen Wesentlichkeit standardmäßig aus der Sicht eines rational handelnden Anlegers definieren sollten, während andere empfehlen oder vorschreiben, dass das Prinzip der doppelten Wesentlichkeit als Standard für staatseigene Unternehmen gelten sollte. Die Informationen sollten zeitnah offengelegt werden und gemäß international anerkannten Berichtsstandards rückblickende und zukunftsorientierte wesentliche Informationen enthalten.
Staatseigene Unternehmen sollten auf Kohärenz zwischen Nachhaltigkeitsberichterstattung, Finanzberichterstattung und sonstigen Unternehmensinformationen achten. Analog dazu sollte der Staat staatseigenen Unternehmen auch Hinweise dazu geben, wo nachhaltigkeitsbezogene Informationen darzulegen sind, z. B. im Jahresbericht (d. h. in einem umfassenden Bericht) oder in einem Sonderbericht. Außerdem sollte er seine Erwartungen hinsichtlich der Veröffentlichung und Zugänglichkeit der Berichte klar formulieren. Soweit möglich sollte ein integrierter Berichtsansatz bevorzugt werden, da dadurch der Zusammenhang zwischen der Strategie eines Unternehmens und seinem Engagement für nachhaltige Entwicklung deutlich wird.
VII.C.2. Die schrittweise Einführung obligatorischer jährlicher Prüfzertifikate, die von unabhängigen, kompetenten und qualifizierten Zertifizierungsdienstleistern unter Einhaltung qualitativ hochwertiger international anerkannter Prüfstandards vergeben werden, sollte in Betracht gezogen werden.
Eine unabhängige Qualitätssicherung der Nachhaltigkeitsberichterstattung erhöht das Vertrauen in die Richtigkeit und Qualität der übertragenen Daten und trägt daher dazu bei, die Rechenschaftspflicht sowohl der staatseigenen Unternehmen als auch des Staates gegenüber der Öffentlichkeit zu erhöhen. Zertifizierungsdienste können den Unternehmen helfen, Kosten und rechtliche Risiken im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu reduzieren. Sie können auch dazu beitragen, die Erwartungen der Anteilseigner und relevanten Stakeholder, einschließlich der Beschäftigten, zu erfüllen und das Unternehmen vor Prozessrisiken schützen. Eine Qualitätssicherung kann die Rolle des Staates als aktiver und sachkundiger Eigentümer stärken, indem sie das Vertrauen in die Nachhaltigkeitsberichterstattung und deren Glaubwürdigkeit erhöht und zugleich eine genauere Beurteilung der Nachhaltigkeitsrisiken und -chancen in seinem Portfolio ermöglicht.
Der Staat sollte von staatseigenen Unternehmen unter gebührender Berücksichtigung ihrer Größe und Betriebsbedingungen erwarten, dass sie ihre Nachhaltigkeitsoffenlegung in begrenztem oder angemessenem Umfang von einem unabhängigen und qualifizierten Zertifizierungsdienstleister bestätigen lassen. Die Methodik sollte robust sein und darauf abzielen, die Richtigkeit und Qualität der Nachhaltigkeitsberichterstattung staatseigener Unternehmen zu gewährleisten. Die Prüfung sollte sich auf die Nachhaltigkeitsergebnisse des Unternehmens und nicht nur auf den Bericht selbst konzentrieren, wenngleich es wichtig bleibt, sicherzustellen, dass dieser zuverlässig ist und einschlägigen gesetzlichen Anforderungen genügt. Wenn eine entsprechende Qualitätssicherung für alle offengelegten Nachhaltigkeitsinformationen nicht möglich oder zu kostspielig ist, kann eine Prüfpflicht für die wichtigsten nachhaltigkeitsbezogenen Kennzahlen oder Angaben, wie z. B. die Treibhausgasemissionen, in Erwägung gezogen werden. Um das Vertrauen des Boards in die Integrität der Berichterstattung des staatseigenen Unternehmens zu erhöhen, kann das Board die interne Revision beauftragen, die Nachhaltigkeitsinformationen zu prüfen.
Langfristig sollte jedoch eine stärkere Konvergenz zwischen der Prüfung von Jahresabschlüssen und nachhaltigkeitsbezogenen Angaben das Ziel sein. Insbesondere wäre es sinnvoll, den Berichtszeitraum für Jahresabschlüsse und nachhaltigkeitsbezogene Angaben anzugleichen.
VII.D. Der Staat sollte in seiner Funktion als Eigentümer von den staatseigenen Unternehmen verlangen, hohe Standards für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln einzuhalten und effiziente Mechanismen für ihre Umsetzung einzuführen. Dabei sollte er der Verantwortung der staatseigenen Unternehmen gegenüber den Stakeholdern in vollem Umfang Rechnung tragen und die staatseigenen Unternehmen verpflichten, über ihre Beziehungen zu den Stakeholdern Bericht zu erstatten. Diese Erwartungen des Staates als Eigentümer sollten der Öffentlichkeit gegenüber auf klare und transparente Weise offengelegt werden.
Der Gesetzes- und Regulierungsrahmen für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln, dem staatseigene Unternehmen unterliegen, entwickelt sich stetig weiter. In vielen Unternehmen ist die Einhaltung von Verhaltensmaßstäben ein wesentliches Element der Geschäftstätigkeit. Wie privatwirtschaftliche Unternehmen haben auch staatseigene Unternehmen ein kommerzielles Interesse daran, Reputationsrisiken zu minimieren und als „guter Unternehmensbürger“ wahrgenommen zu werden. Verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln wird darüber hinaus zunehmend als ein zentrales Element einer nachhaltigen und resilienten Wirtschaft angesehen, da es harmonische Beziehungen zwischen Unternehmen und anderen Teilen der Gesellschaft fördert und dem Ziel der langfristigen Wertschöpfung dient.
Folglich sollten staatseigene Unternehmen die Standards für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln in allen Bereichen ihrer Geschäftstätigkeit und entlang der gesamten Lieferkette einhalten, insbesondere in Bezug auf Menschenrechte, Beschäftigung und die Beziehungen zwischen den Sozialpartnern, Umwelt, Korruptionsbekämpfung, Verbraucherinteressen, Wissenschaft, Technologie und Innovation sowie Wettbewerb und Besteuerung. Ihr Handeln sollte an den einschlägigen internationalen Instrumenten orientiert sein, darunter die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen zu verantwortungsvollem unternehmerischem Handeln, die so weit wie möglich umgesetzt werden sollten, die ILO-Erklärung über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit, die Dreigliedrige Grundsatzerklärung über multinationale Unternehmen und Sozialpolitik der ILO und die Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte.
Von zentraler Bedeutung für die Corporate Governance ist die Stakeholderbeteiligung, die auch ein wesentliches Merkmal verantwortungsvollen unternehmerischen Handelns und eine Komponente des Due-Diligence-Prozesses ist. Die staatlichen Eigentumsträger und die staatseigenen Unternehmen sollten die Bedeutung der Beziehungen zu den Stakeholdern, insbesondere zu den Beschäftigten, Gläubigern, Kunden, Zulieferern und betroffenen Gemeinschaften, für den Aufbau nachhaltiger, finanziell gesunder und verantwortungsvoller Unternehmen anerkennen. Die Beziehungen zu den Stakeholdern sind für staatseigene Unternehmen, die öffentliche Politikziele verfolgen, besonders wichtig. Aufgrund der Art ihrer Aktivitäten können staatseigene Unternehmen einen entscheidenden Einfluss auf die makroökonomische Entwicklung des Landes und die Gemeinschaften haben, in denen sie tätig sind. Zudem berücksichtigen zahlreiche Anleger bei ihren Investitionsentscheidungen zunehmend auch Fragen der Stakeholderbeziehungen, da sie sich der damit verbundenen potenziellen Prozessrisiken bewusst sind. Daher ist es wichtig, dass sich der Eigentumsträger und die staatseigenen Unternehmen über die Auswirkungen im Klaren sind, die eine aktive Stakeholderpolitik auf die Nachhaltigkeit und Resilienz des Unternehmens sowie auf die Verwirklichung seiner langfristigen strategischen Ziele und seinen Ruf haben kann.
Zu diesem Zweck sollten staatseigene Unternehmen transparent über Stakeholderaspekte und ihre Zusammenarbeit mit den Stakeholdern berichten. Dadurch wird das Vertrauen gestärkt und der Ruf verbessert. Diese Berichterstattung umfasst u. a. Fortschrittsberichte für Projektbetroffene sowie Berichte über die Einbeziehung von Stakeholdern und die Ergebnisse der Stakeholderbeteiligung. Diese Informationen können in Unternehmensberichten oder eigenständigen Dokumenten veröffentlicht werden.
Dabei gilt insbesondere:
VII.D.1. Die staatlichen Stellen, die staatlichen Eigentumsträger und die staatseigenen Unternehmen sollten die gesetzlich verankerten oder einvernehmlich festgelegten Rechte der Stakeholder anerkennen und wahren. Wenn die Interessen der Stakeholder gesetzlich geschützt sind, sollten die Beschäftigten und andere Stakeholder die Möglichkeit haben, effektiv, zu vertretbaren Kosten und ohne übermäßige Verzögerung gegen eine Verletzung ihrer Rechte vorzugehen.
Als dominierender Anteilseigner kann der Staat die Entscheidungsfindung in Unternehmen kontrollieren und sich in einer Position befinden, in der er Entscheidungen zu treffen hat, die für Stakeholder von Nachteil sind. Daher ist es wichtig, Mechanismen und Verfahren zum Schutz der Rechte der Beschäftigten, der betroffenen Gemeinschaften und anderer relevanter Stakeholder einzuführen. Der Eigentumsträger und die staatseigenen Unternehmen sollten die gesetzlich verankerten oder einvernehmlich festgelegten Rechte der Stakeholder anerkennen und diesbezüglich eine klare Politik verfolgen.
Auch wenn sich die Stakeholder je nach Unternehmen und dessen Aktivitäten unterscheiden, handelt es sich in der Regel um Beschäftigte, Gläubiger, Kunden, Zulieferer und betroffene Gemeinschaften. Die Rechte der Stakeholder sind weitgehend durch gesetzliche (z. B. Arbeits-, Wirtschafts-, Handels-, Umwelt- und Insolvenzrecht) oder vertragliche Bestimmungen geregelt, die von den Unternehmen eingehalten werden müssen. Damit der Entscheidungsprozess effektiv ist, sollten die Unternehmen je nach inländischem Recht auch jene Stakeholder einbeziehen, mit denen sie keine vertraglichen Beziehungen unterhalten, da sie sonst Gefahr laufen, wichtige Aspekte bei der inhaltlichen Ausarbeitung ihrer Nachhaltigkeitsstrategien, -ziele und -berichte außer Acht zu lassen.
Der Rechtsrahmen sollte transparent sein und es den Stakeholdern ermöglichen, sich abzusprechen und zu vertretbaren Kosten und ohne übermäßige Verzögerung gegen eine Verletzung ihrer Rechte vorzugehen. Hinzu kommt, dass Whistleblower*innen, Einzelpersonen oder Organisationen, die rechtliches Fehlverhalten (z. B. in Bezug auf Sozial- oder Umweltbestimmungen, Korruption oder Menschenrechte) aufseiten des Staates oder staatseigener Unternehmen melden, gesetzlich geschützt sein sollten.
Einige Staaten können bestimmten Stakeholdern durch einen Rechtsstatus, Vorschriften, Vereinbarungen/Verträge oder bestimmte Governancestrukturen, wie z. B. Arbeitnehmervertretungen in den Boards staatseigener Unternehmen, Sonderrechte in staatseigenen Unternehmen einräumen. Alle Sonderrechte oder Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Entscheidungsfindung, die Stakeholdern eingeräumt werden, sollten explizit festgelegt sein. Unabhängig davon, welche Rechte den Stakeholdern per Gesetz oder anderweitig eingeräumt und von den staatseigenen Unternehmen gewährleistet werden müssen, sollten die Entscheidungsbefugnisse der Unternehmensorgane, namentlich der Anteilseignerversammlung und des Boards, unangetastet bleiben. Um eine aktive und langfristige wertschöpfende Zusammenarbeit mit den Stakeholdern zu fördern, sollten die staatlichen Eigentumsträger und staatseigenen Unternehmen sicherstellen, dass die Stakeholder, und insbesondere die Beschäftigten und betroffenen Gemeinschaften, zeitnah und regelmäßig Zugang zu relevanten, hinreichenden und verlässlichen Informationen erhalten, damit sie ihre Rechte wahrnehmen und effektiv gegen eine Verletzung ihrer Rechte vorgehen können. Die Beschäftigten sollten ferner die Möglichkeit haben, ihre Befürchtungen über rechtswidrige oder unethische Praktiken in gutem Glauben dem Board gegenüber frei zu äußern, ohne dass dies ihre Rechte gefährdet.
VII.D.2. Staatseigene Unternehmen sollten eine konstruktive Stakeholderbeteiligung entwickeln und fördern, um die Nachhaltigkeit voranzubringen und eine gerechte Transformation sicherzustellen. Dies gilt insbesondere für Personen oder Gruppen, die ein Interesse an den Aktivitäten eines Unternehmens haben oder davon betroffen sein könnten.
Ein regelmäßiger und kontinuierlicher Dialog mit den Stakeholdern sollte in die Entscheidungsfindung der Geschäftsführung einfließen und in der Geschäftsstrategie der staatseigenen Unternehmen berücksichtigt werden. Eine konstruktive Stakeholderbeteiligung kann eine gerechte Transformation begünstigen (d. h. einen Übergang zu einer umweltfreundlicheren Wirtschaft, der so gerecht und inklusiv wie möglich gestaltet ist), indem u. a. die Rechte der Arbeitnehmer*innen und ihre Lebensgrundlage gesichert werden. Ein solcher Dialog kann bei unterschiedlichen Fragen nützlich sein, besonders wichtig ist er jedoch bei Entscheidungen zur Verbesserung der Nachhaltigkeit und Resilienz eines Unternehmens, die kurzfristig zwar zu Mittelabflüssen führen können, aber langfristig vorteilhaft sind. Er kann dem Unternehmen auch helfen zu beurteilen, welche Nachhaltigkeitsaspekte so wesentlich sind, dass sie angegangen und offengelegt werden sollten.
Um diesen Dialog und die Stakeholderbeteiligung zu fördern, sollten auf Basis der einschlägigen Gesetze oder Vorschriften geeignete Plattformen eingerichtet werden. Eine konstruktive Stakeholderbeteiligung bezieht sich im Allgemeinen auf einen anhaltenden Dialog mit den Stakeholdern, der aus einem interaktiven Prozess mit wechselseitiger Kommunikation besteht, vom guten Willen der Akteure auf beiden Seiten abhängt und den Ansichten der Stakeholder Rechnung trägt (d. h. zu konkreten Ergebnissen führt).
Um eine konstruktive und effektive Stakeholderbeteiligung zu gewährleisten, ist es wichtig, sicherzustellen, dass sie zeitgerecht erfolgt und für die Stakeholder zugänglich, angemessen und sicher ist. Potenzielle Barrieren für die Einbindung vulnerabler oder sozial ausgegrenzter Stakeholder sollten erkannt und beseitigt werden. Zu diesem Zweck sollten Mechanismen eingerichtet werden, die eine anonyme Meldung von rechtlichem Fehlverhalten ermöglichen. Unethische und illegale Praktiken von Führungskräften des Unternehmens können nicht nur die Rechte der Stakeholder verletzen, sondern auch dem Ruf des Unternehmens schaden. Daher ist es wichtig, dass Unternehmen eine vertrauliche Whistleblowing-Politik mit Verfahren und Schutzklauseln für Hinweise auf illegale und unethische Verhaltensweisen ausarbeiten, die entweder von den Beschäftigten – persönlich oder über ihre Vertretungsorgane – oder von externen Hinweisgeber*innen vorgebracht werden. Das Board sollte angehalten werden, diese Personen und Vertretungsorgane zu schützen und ihnen direkten, vertraulichen Zugang zu einem unabhängigen Board-Mitglied – häufig ein Mitglied des Prüfungs- oder Ethikausschusses – zu ermöglichen. Einige Unternehmen setzen eine Ombudsperson ein, um entsprechenden Hinweisen nachzugehen. Die zuständigen Behörden haben zudem vertrauliche Telefon- und E-Mail-Kontaktmöglichkeiten für Verdachtsmeldungen eingerichtet. Auch wenn sich in einigen Ländern die Arbeitnehmervertretungen darum kümmern, die Unternehmensführung über derartige Bedenken der Belegschaft zu informieren, sollten die Beschäftigten nicht daran gehindert werden, im Alleingang zu handeln, und sie sollten deshalb auch nicht weniger geschützt sein.
Falls zeitnahe Abhilfemaßnahmen ausbleiben oder ein plausibles Risiko besteht, dass Hinweise auf Gesetzesverstöße negative Konsequenzen haben könnten, sind die Beschäftigten und andere Stakeholder angehalten, in gutem Glauben erfolgende Verdachtsmeldungen an die zuständigen Behörden zu richten. Viele Staaten sehen auch die Möglichkeit vor, Anliegen im Zusammenhang mit Fragen der Umsetzung der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen zu verantwortungsvollem unternehmerischem Handeln bei der zuständigen Nationalen Kontaktstelle für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln zu melden. Das Unternehmen sollte von diskriminierenden oder disziplinarischen Maßnahmen gegen diese Stakeholder absehen.
VII.D.3. Die Entwicklung der Arbeitnehmerbeteiligung sollte gefördert werden. Wenn Beschäftigte und andere Stakeholder am Corporate-Governance-Prozess beteiligt sind, sollten sie zeitnah und regelmäßig Zugang zu relevanten, hinreichenden und verlässlichen Informationen erhalten.
Inwieweit die Beschäftigten Einfluss auf die Corporate Governance nehmen können, hängt von den nationalen Gesetzen und Gepflogenheiten ab und kann auch zwischen den staatseigenen Unternehmen variieren. Im Kontext der Corporate Governance können Verfahren der Mitarbeiterbeteiligung für die staatseigenen Unternehmen sowohl direkt als auch indirekt – über die Bereitschaft der Mitarbeitenden, in firmenspezifische Kompetenzen zu investieren – von Vorteil sein. Beispiele für solche Verfahren sind die Arbeitnehmervertretung in den Boards und Governancemechanismen wie die gewerkschaftliche Interessenvertretung, nationale oder lokale Tarifverhandlungen und Betriebsräte, über die der Standpunkt der Arbeitnehmer*innen bei bestimmten wichtigen Entscheidungen berücksichtigt werden kann. In internationalen Übereinkommen und Normen wird zudem das Recht der Arbeitnehmenden auf Unterrichtung, Anhörung und Verhandlungen anerkannt. Insbesondere, wenn die Gesetze und die Corporate-Governance-Regelwerke die Beteiligung von Arbeitnehmenden und anderen Stakeholdern vorsehen, ist es wichtig, dass diese Zugang zu Informationen erhalten, die sie für die Wahrnehmung ihrer Verantwortlichkeiten benötigen.
Als Anreize zur Leistungssteigerung existieren in vielen Ländern Mitarbeiteraktienprogramme oder andere Mechanismen zur Gewinnbeteiligung. Pensionsverpflichtungen sind häufig auch ein Element der Beziehung zwischen dem Unternehmen und seinen früheren und gegenwärtigen Beschäftigten.
VII.D.4. Staatliche Eigentumsträger und staatseigene Unternehmen sollten Maßnahmen ergreifen, um hohe Integritätsstandards zu gewährleisten und zu verhindern, dass staatseigene Unternehmen zum Zweck der Parteienfinanzierung, Patronage, persönlichen Bereicherung oder Bereicherung nahestehender Unternehmen oder Personen genutzt werden.
Die staatlichen Beteiligungen konzentrieren sich auf Hochrisikosektoren, wie z. B. Rohstoffindustrie und Infrastruktur, in denen sich der öffentliche und der private Sektor bei der Vergabe von wertvollen Konzessionen und großen öffentlichen Beschaffungsprojekten überschneiden. In vielen Volkswirtschaften erbringen staatseigene Unternehmen auch weiterhin wesentliche öffentliche Dienstleistungen, und einige staatseigene Unternehmen operieren nach wie vor wie öffentliche Institutionen, obwohl sie wirtschaftliche Ziele verfolgen und am Markt miteinander konkurrieren. Aufgrund dieses Zusammenspiels verschiedener Faktoren sind staatseigene Unternehmen u. U. besonders anfällig gegenüber Korruption und missbräuchlicher Nutzung zum Zweck der Parteienfinanzierung, Patronage, persönlichen Bereicherung oder Bereicherung nahestehender Unternehmen oder Personen. Die Kosten für die Staatskasse und die negativen Effekte einer Fehlallokation von Ressourcen im Zusammenhang mit Korruption im Sektor der staatseigenen Unternehmen können das Vertrauen der Bürger*innen in öffentliche Einrichtungen untergraben.
Die staatlichen Eigentümer sollten die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um zu verbieten, dass staatseigene Unternehmen als Instrumente zur Finanzierung von politischen Aktivitäten und Wahlkampfspenden genutzt werden, und sie sollten von den staatseigenen Unternehmen erwarten, dass sie sich an die Gesetze für Lobbying-Aktivitäten halten, indem sie beispielsweise ein Lobbytreffen im entsprechenden Register anmelden. Auch in anderen Hochrisikobereichen sollten geeignete Maßnahmen ergriffen werden. Das gilt für Bereiche wie die Beschaffung von Waren und Dienstleistungen, die Vergütung der Mitglieder des Boards und der Geschäftsführung, Interessenkonflikte, Hospitality, Spenden an gemeinnützige Organisationen und Sponsoring, Geschenke, Begünstigung, Vetternwirtschaft oder Klüngelei, Bestechungsgeldzahlungen, Bestechungsgeldforderungen und Schmiergelderpressung.
Der Staat und staatseigene Unternehmen werden ermutigt, die Leitsätze für Korruptionsbekämpfung und Integrität in staatseigenen Unternehmen (Guidelines on Anti-Corruption and Integrity in State-Owned Enterprises) so weit wie möglich umzusetzen. Die darin enthaltenen Bestimmungen ergänzen dieses Instrument.