Staatseigene Unternehmen sollten hohe Transparenz-, Rechenschafts- und Integritätsstandards erfüllen und denselben qualitativ anspruchsvollen Rechnungslegungs-, Offenlegungs-, Compliance- und Rechnungsprüfungsgrundsätzen unterliegen wie börsennotierte Unternehmen.
Transparenz in allen wesentlichen Aspekten, die das Unternehmen betreffen, ist von entscheidender Bedeutung, um die Verantwortlichkeit von Board und Geschäftsführung staatseigener Unternehmen zu stärken und es dem Staat zu ermöglichen, als sachkundiger Eigentümer zu handeln. Bei der Bestimmung der Berichts- und Offenlegungspflichten für staatseigene Unternehmen sollten auch die Größe und kommerzielle Ausrichtung der Unternehmen eine Rolle spielen. Beispielsweise sollten kleine staatseigene Unternehmen, die keine öffentlichen Politikziele verfolgen, durch die Offenlegungsanforderungen keinen Wettbewerbsnachteil erfahren. Dagegen sollten große staatseigene Unternehmen bzw. jene, bei denen öffentliche Politikziele der Hauptgrund für die staatliche Beteiligung sind, in Bereichen, die den Erfolg des Unternehmens maßgeblich beeinflussen können, besonders hohe Transparenz- und Offenlegungsstandards erfüllen.
V.A. Staatseigene Unternehmen sollten alle wesentlichen Informationen, die das Unternehmen betreffen, im Einklang mit qualitativ anspruchsvollen international anerkannten Rechnungslegungs- und Offenlegungsstandards ausweisen und offenlegen. Dies kann Aspekte umfassen, die für den Staat in seiner Eigenschaft als Eigentümer wie auch für die Öffentlichkeit von erheblicher Relevanz sind. Die für die Informationsverbreitung genutzten Kommunikationswege sollten kostenlosen und zeitnahen öffentlichen Zugang gewährleisten.
Alle staatseigenen Unternehmen sollten mindestens einmal jährlich alle wesentlichen Informationen, die das Unternehmen betreffen, offenlegen; bei großen und börsennotierten Unternehmen sollte die Offenlegung nach qualitativ anspruchsvollen international anerkannten Rechnungslegungs- und Offenlegungsstandards oder damit konformen nationalen Rechnungslegungsstandards erfolgen. Alle anderen staatseigenen Unternehmen sollten diese Standards im Rahmen ihrer Möglichkeiten anwenden. Als wesentlich sind Informationen zu betrachten, wenn vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass ihre Auslassung oder falsche Darstellung die von den Investoren vorgenommene Beurteilung des Unternehmenswerts beeinflusst. Unter wesentlichen Informationen sind auch Angaben zu verstehen, die für einen rational handelnden Anleger ein wichtiges Kriterium bei Anlage- oder Abstimmungsentscheidungen darstellen. Die Offenlegung von Unternehmen sollte daher in erster Linie auf Informationen abstellen, die für die Entscheidungsfindung der Anleger wesentlich sind, und kann eine Beurteilung des Unternehmenswerts umfassen. Sie kann aber auch dazu beitragen, in der Öffentlichkeit ein besseres Verständnis der Strukturen und Aktivitäten von Unternehmen, der Unternehmenspolitik und ihrer Erfolgsbilanz im Hinblick auf ökologische, soziale und Governanceaspekte zu fördern.
Leicht zugängliche und nutzerfreundliche Unternehmenswebsites stellen ebenfalls eine Möglichkeit dar, die Informationsverbreitung zu verbessern, und die meisten Staaten verpflichten oder empfehlen Unternehmen mittlerweile, eine Website mit relevanten und aussagekräftigen Informationen über das Unternehmen zu unterhalten. Die Board-Mitglieder der staatseigenen Unternehmen sollten die Jahresabschlüsse unterzeichnen und der*die CEO und CFO sollten bestätigen, dass diese Berichte ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Geschäftstätigkeit sowie der Finanzlage des staatseigenen Unternehmens liefern.
Soweit möglich, sollten die zuständigen Stellen eine Kosten-Nutzen-Analyse durchführen, um zu ermitteln, welche staatseigenen Unternehmen anspruchsvolle international anerkannte Standards erfüllen sollten. Dies fördert die Konsistenz und Vergleichbarkeit innerhalb des staatlichen Beteiligungsportfolios. Eine hohe Qualität der nationalen Standards lässt sich erreichen, indem sie mit international anerkannten Rechnungslegungsstandards in Einklang gebracht werden. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass anspruchsvolle Offenlegungsanforderungen sowohl ein Anreiz als auch ein Instrument für Board und Geschäftsführung sind, ihre Pflichten auf professionelle Weise wahrzunehmen.
Jahres- und Zwischenberichte sind wichtige Informationsquellen, um die in den geprüften Jahresabschlüssen von staatseigenen Unternehmen ausgewiesenen Finanz- und Betriebsergebnisse richtig zu interpretieren. Alle staatseigenen Unternehmen sollten Jahresabschlüsse einschließlich Bilanz, Kapitalflussrechnung, Gewinn- und Verlustrechnung, Eigenkapitalveränderungsrechnung und Anhang erstellen. Der Jahresabschluss sollte in der Regel drei bis sechs Monate nach Ende des Geschäftsjahres vorliegen. Die Berichterstattung sollte vollständig, prägnant, verlässlich und vergleichbar sein.
Zwar sind alle staatseigenen Unternehmen – selbst jene, die rein kommerzielle Aktivitäten ausüben – im öffentlichen Interesse tätig, besonders bedeutsam ist ein hoher Offenlegungsgrad jedoch für staatseigene Unternehmen, die wichtige öffentliche Politikziele verfolgen. Das gilt in besonderem Maße für Unternehmen, deren Tätigkeit starke Auswirkungen auf den Staatshaushalt bzw. auf die vom Staat zu tragenden Risiken oder einen Effekt auf Nachhaltigkeitsaspekte oder den Weltmarkt hat.
Unter gebührender Berücksichtigung der Unternehmenskapazitäten und -größe sollten für staatseigene Unternehmen die gleichen Offenlegungspflichten gelten wie für börsennotierte Unternehmen. Die Offenlegungspflichten sollten die notwendige Vertraulichkeit von Unternehmensinformationen nicht gefährden und nicht zu einer Benachteiligung der staatseigenen Unternehmen gegenüber privatwirtschaftlichen Wettbewerbern führen. Staatseigene Unternehmen sollten über alle wesentlichen Aspekte Bericht erstatten, die das Unternehmen betreffen, wie z. B. ihre Finanz- und Betriebsergebnisse, nichtfinanzielle Informationen, ihre Vergütungspolitik und die tatsächlichen Vergütungen der Mitglieder des Boards und der Geschäftsführung, Geschäfte mit nahestehenden Unternehmen und Personen, wie z. B. dem Staat und anderen nahestehenden Rechtsträgern, sowie ihre Governancestrukturen und -maßnahmen. Sie sollten angeben, ob sie einen Corporate-Governance-Kodex befolgen, und, falls ja, welchen. Beim Ausweis der Unternehmensergebnisse gilt es als gute Praxis, international anerkannte Berichtsstandards einzuhalten.
Je nach Unternehmenskapazitäten und -größe kann es sich beispielsweise um folgende Informationen handeln:
V.A.1. eine klare öffentliche Erklärung zu den Unternehmenszielen und deren Verwirklichung, einschließlich etwaiger vom staatlichen Eigentumsträger formulierten Mandate
Es ist wichtig, dass jedes staatseigene Unternehmen seine übergeordneten Ziele klar darlegt. Unabhängig vom bestehenden System der Leistungskontrolle sollte eine begrenzte Anzahl an grundlegenden übergeordneten Zielen definiert werden, zusammen mit Informationen darüber, wie das Unternehmen mit potenziellen Zielkonflikten umgeht.
Wenn der Staat Mehrheitsanteilseigner ist oder faktisch die Kontrolle in dem betreffenden Unternehmen ausübt, sollten die Erwartungen des staatlichen Eigentümers allen anderen Investoren, dem Markt und der Öffentlichkeit gegenüber klar zum Ausdruck gebracht werden. Derartige Offenlegungspflichten sind für die Führungskräfte des staatseigenen Unternehmens ein Grund, sich diese Erwartungen selbst zu verdeutlichen, und könnten das Engagement der Geschäftsführung zur Erfüllung dieser Erwartungen steigern. Sie bieten den Anteilseignern, dem Markt und der Öffentlichkeit einen Bezugspunkt, um die Strategie und die Entscheidungen der Geschäftsführung zu beurteilen.
Staatseigene Unternehmen sollten über die Erfüllung ihrer Ziele Bericht erstatten, indem sie Leistungsindikatoren veröffentlichen. Wenn ein staatseigenes Unternehmen auch zur Verwirklichung öffentlicher Politikziele genutzt wird, sollte es zudem darüber berichten, wie diese erreicht werden.
V.A.2. Finanz- und Betriebsergebnisse des Unternehmens sowie gegebenenfalls Angaben zu den Kosten und zur Finanzierung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen
Staatseigene Unternehmen sollten, ebenso wie privatwirtschaftliche Unternehmen, Informationen zu ihren finanziellen, operativen und nichtfinanziellen Ergebnissen offenlegen. Dies könnte beispielsweise die wichtigsten Finanzabschlüsse, wie z. B. Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Kapitalflussrechnung und Anhang, sowie andere wesentliche Finanzinformationen umfassen, die das Unternehmen für relevant erachtet, wie z. B. Angaben zur Höhe der Dividenden und Schulden (einschließlich Informationen über ausstehende Verbindlichkeiten, Laufzeitprofil und Währungsverteilung), eingesetztes Kapital, EBITDA, Eigenkapitalrendite, Gesamtkapitalrendite, Eigenkapitalquote, Investitionen, Dividendenausschüttungen, Verschuldungsgrad und andere wesentliche Angaben wie die Beschäftigtenzahl sowie Fortschritte bei Zielen der Geschlechtergleichstellung und gegebenenfalls anderen Diversitätszielen. Es sollte angegeben werden, auf welchen Rechnungslegungsstandards (z. B. IFRS o. ä.) die Finanzberichterstattung beruht. Diese Angaben sollten die Beurteilung der wesentlichen Finanzinformationen im Hinblick auf die kommerziellen und nichtkommerziellen Zielsetzungen des Unternehmens erleichtern. Die Finanzkennzahlen sollten zudem durch hinreichende Informationen ergänzt werden, um den Anteilseignern zu erläutern, was die Zahlen aussagen, wie sie berechnet werden und wie sie mit den entsprechenden Finanzabschlüssen zusammenhängen. Darüber hinaus sollten staatseigene Unternehmen, die spezifische gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen erfüllen sollen, Informationen zu den Kosten diesbezüglicher Aktivitäten offenlegen. Vergütungen für staatseigene Unternehmen, u. a. für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen, die durch Subventionen oder andere Formen von Sachleistungen und Vorteilen erfolgen, sollten quantifizierbar sein und offengelegt werden, unter Angabe ihrer potenziellen Auswirkungen auf faire Wettbewerbsbedingungen und einer entsprechenden Rechtfertigung. Als gute Praxis wird ferner empfohlen, den Jahresabschluss durch einen Bericht über die interne Kontrolle der Finanzberichterstattung zu ergänzen. Zugleich sollte der Eigentumsträger sicherstellen, dass die über die Berichtspflichten privatwirtschaftlicher Unternehmen hinausgehenden zusätzlichen Berichtspflichten für staatseigene Unternehmen diese in ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit nicht über Gebühr belasten.
V.A.3. Governance-, Eigentums-, rechtliche und Stimmrechtsstrukturen des Unternehmens bzw. der Unternehmensgruppe sowie gegebenenfalls wesentlicher Tochtergesellschaften, einschließlich Angaben zum Inhalt etwaiger Corporate-Governance-Kodizes oder -Regeln sowie den entsprechenden Umsetzungsverfahren
Es ist wichtig, dass die Eigentumsstrukturen und die Stimmrechtsverteilung staatseigener Unternehmen transparent sind, damit sich alle Anteilseigner ein klares Bild von ihrem Anteil am Cashflow und an den Stimmrechten machen können. Ferner sollte klar sein, wer der rechtliche Eigentümer der staatlichen Kapitalanteile ist und wo die Verantwortung für die Ausübung der staatlichen Eigentumsrechte angesiedelt ist. Sämtliche Sonderrechte oder Vereinbarungen, die von allgemein geltenden Corporate-Governance-Regeln abweichen und die Eigentums- oder Beherrschungsverhältnisse der staatseigenen Unternehmen verzerren können, wie z. B. „goldene Aktien“ oder Vetorechte, sollten offengelegt werden. Die Existenz von Kontrollstrukturen, wie z. B. Vereinbarungen zwischen Anteilseignern, sollte offengelegt werden. Die Inhalte solcher Vereinbarungen können jedoch z. T. Vertraulichkeitsauflagen unterliegen.
Staatseigene Unternehmen sollten alle sonstigen einschlägigen Informationen über ihre Organisationsstruktur veröffentlichen, wie z. B. Informationen über wesentliche Tochtergesellschaften und verbundene Unternehmen sowie alle anderen Einheiten, an denen sie beteiligt sind oder in denen sie vertreten sind und intervenieren können. Diese Angaben sollten den prozentualen Anteil umfassen, der an den einzelnen Tochtergesellschaften oder Beteiligungen gehalten wird, sowie die Staaten, in denen diese registriert und tätig sind. Komplizierte Konzernstrukturen können die Intransparenz von Geschäften mit nahestehenden Unternehmen und Personen verstärken und die Umgehung von Offenlegungspflichten erleichtern. Insbesondere ist darauf zu achten, dass alle nahestehenden Unternehmen und Personen in Staaten mit komplexen Konzernstrukturen, denen börsennotierte Gesellschaften angehören, richtig erfasst werden.
V.A.4. Vergütung der Board-Mitglieder und der Geschäftsführung
Es ist wichtig, die Vergütung für die Mitglieder des Boards und der Geschäftsführung in staatseigenen Unternehmen transparent auszuweisen, vorzugsweise auf individueller Basis. Wenn die Öffentlichkeit hierüber nicht hinreichend informiert wird, könnten eine negative öffentliche Wahrnehmung und potenzielle heftige Reaktionen gegen den Eigentumsträger und einzelne staatseigene Unternehmen die Folge sein. Von staatseigenen Unternehmen wird generell erwartet, dass sie zeitnah u. a. über wesentliche Veränderungen der Vergütungspolitik für Mitglieder des Boards und der Geschäftsführung sowie auf standardisierter und vergleichbarer Basis über Vergütungsniveaus oder -beträge informieren. Die Informationen sollten sich gegebenenfalls auch auf Abfindungen und Altersversorgungsleistungen sowie etwaige Sonderleistungen, Anreizsysteme oder Sachleistungen für Mitglieder des Boards und der Geschäftsführung erstrecken. Die Nutzung von Nachhaltigkeitsindikatoren bei der Vergütung erfordert u. U. auch die Offenlegung von Informationen, anhand derer die Anteilseigner beurteilen können, ob die Indikatoren mit wesentlichen Nachhaltigkeitsrisiken verknüpft sind und Anreize für langfristig orientiertes Handeln bieten.
V.A.5. Informationen über die Zusammensetzung des Boards und seine Mitglieder, ihre Qualifikationen, das Auswahlverfahren, die Diversitätspolitik des Boards, Positionen von Board-Mitgliedern in den Boards anderer Unternehmen oder in Staatsorganen sowie gegebenenfalls Angaben zur Unabhängigkeit der Board-Mitglieder
Volle Transparenz in Bezug auf die Qualifikationen der Board-Mitglieder ist für staatseigene Unternehmen besonders wichtig und sollte in vollem Umfang mit den Leitsätzen für Korruptionsbekämpfung und Integrität in staatseigenen Unternehmen (Guidelines on Anti-Corruption and Integrity in State-Owned Enterprises) im Einklang stehen. Bei voll in Staatsbesitz befindlichen Unternehmen liegt die Nominierung und Bestellung der Board-Mitglieder oft in der unmittelbaren Verantwortung der Regierung; dies geht mit dem Risiko einher, dass der Eindruck entstehen könnte, die Board-Mitglieder würden im Auftrag des Staates oder bestimmter politischer Interessengruppen anstatt im langfristigen Interesse des Unternehmens und seiner Anteilseigner handeln. Hohe Transparenzanforderungen hinsichtlich der Qualifikationen von Board-Mitgliedern und der Nominierungs- und Bestellungsverfahren können dazu beitragen, die Professionalität der Boards staatseigener Unternehmen zu steigern. Zudem ermöglichen sie es den Investoren, die Qualifikationen der Board-Mitglieder zu evaluieren und potenzielle Interessenkonflikte zu identifizieren.
Viele Staaten verlangen oder empfehlen die Offenlegung von Informationen zur Board-Zusammensetzung, z. B. im Hinblick auf die Geschlechterdiversität. Diese Informationsanforderungen können sich auch auf andere Kriterien wie etwa das Alter oder andere demografische Merkmale der Board-Mitglieder sowie ihre Berufserfahrung und Fachkenntnis erstrecken. Einige Staaten, in denen diese Pflichten oder Empfehlungen in Kodizes verankert sind, verlangen eine Offenlegung nach dem „Comply or Explain“-Prinzip. In manchen Fällen erstrecken sich die Offenlegungspflichten auch auf geschäftsführende oder andere hochrangige Positionen. Außerdem sollten einschlägige Maßnahmen zur Förderung der Diversität in Board und Geschäftsführung offengelegt werden.
V.A.6. wesentliche absehbare Risikofaktoren und entsprechende Risikomanagementmaßnahmen
Unzulänglichkeiten bei der Identifizierung, Beurteilung und Kontrolle von Risiken sowie bei der Risikoberichterstattung staatseigener Unternehmen können gravierende Probleme verursachen. Ohne eine angemessene Berichterstattung über wesentliche Risikofaktoren können die Unternehmen u. U. ein falsches Bild von ihrer Finanzlage, ihrer Gesamtentwicklung oder ihrem langfristigen Wertschöpfungspotenzial vermitteln. Dies kann sich wiederum in unsachgemäßen strategischen Entscheidungen und unerwarteten finanziellen Verlusten niederschlagen. Die Berichterstattung über wesentliche Risikofaktoren sollte zeitnah und mit hinreichender Regelmäßigkeit erfolgen.
Voraussetzung für eine angemessene Offenlegung der Art und des Umfangs der Risiken, die den staatseigenen Unternehmen im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit entstehen, ist ein solides Risikomanagementsystem. Die Berichterstattung der staatseigenen Unternehmen sollte sich an den neuesten kontinuierlich weiterentwickelten Standards orientieren. Diese Berichterstattung sollte sich gegebenenfalls auf die Risikomanagementstrategien sowie die Systeme für deren Umsetzung erstrecken. Die Leitsätze sehen die Offenlegung hinreichender und umfassender Informationen vor, um die Anteilseigner und anderen Nutzer in vollem Umfang über die vernünftigerweise vorhersehbaren wesentlichen Risiken des Unternehmens zu unterrichten. Die Offenlegung von Risiken ist dann am wirksamsten, wenn sie auf das betreffende Unternehmen und die jeweilige Branche zugeschnitten ist. Die Offenlegung von Informationen über die Systeme der Unternehmen zur Risikoüberwachung und -steuerung, einschließlich Angaben über die Art und Wirksamkeit diesbezüglicher Due-Diligence-Prozesse, wird zunehmend als gute Praxis angesehen.
Alle Anteilseigner – sowohl staatliche als auch nichtstaatliche – benötigen Informationen über vernünftigerweise vorhersehbare wesentliche Risiken für staatseigene Unternehmen. Dazu zählen u. a. spezifische Risiken der Branchen oder Regionen, in denen das Unternehmen tätig ist, die Abhängigkeit von bestimmten Rohstoffen und Lieferketten, Finanzmarktrisiken einschließlich Zins- oder Währungsrisiken, Risiken im Zusammenhang mit Derivaten und außerbilanziellen Geschäften, Risiken im Zusammenhang mit dem Geschäftsverhalten, z. B. im Hinblick auf Korruption, Menschenrechte und Arbeitsbedingungen, digitale Sicherheitsrisiken und andere technologiebezogene Risiken, Steuerrisiken sowie Nachhaltigkeitsrisiken, insbesondere Klimarisiken. Risikobezogene Angaben können sich auch auf andere wichtige geopolitische Einflussfaktoren beziehen, wie beispielsweise Pandemien, Innovationen, nationale Entwicklungspläne sowie Geschlechtergleichstellung und Diversität. Im Rohstoffsektor tätige Unternehmen sollten ihre Reserven anhand der diesbezüglichen Best Practices ausweisen, da dies ein entscheidender Bestandteil ihres Unternehmenswerts und Risikoprofils sein kann.
Die Offenlegung von Informationen über wesentliche vorhersehbare Risikofaktoren kann insbesondere für die Anteilseigner und Stakeholder von staatseigenen Unternehmen nützlich sein, die in erst kürzlich deregulierten und zunehmend globalisierten Branchen, neuen Staaten oder Hochrisikosektoren tätig sind, in denen sie u. U. mit neuen oder anderen Risiken, einschließlich der vorstehend erwähnten, konfrontiert sind.
V.A.7. alle direkten und indirekten staatlichen Finanzhilfen, einschließlich Staatsbürgschaften, und Verpflichtungen, die vom Staat zugunsten des staatseigenen Unternehmens eingegangen wurden, einschließlich vertraglicher Verpflichtungen und Verbindlichkeiten aus öffentlich-privaten Partnerschaften oder Beteiligungen an Joint Ventures
Zur Vermittlung eines vollständigen und den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bilds der Finanzlage staatseigener Unternehmen müssen zwischen dem Staat und staatseigenen Unternehmen bestehende gegenseitige Verpflichtungen bzw. Mechanismen der finanziellen Unterstützung oder Risikoteilung angemessen offengelegt werden. Die Offenlegung sollte Informationen über etwaige finanzielle Ziele umfassen, die die Regierung für das staatseigene Unternehmen festgelegt hat, z. B. hinsichtlich der Kapitalstruktur, Rentabilität und Dividenden, sowie Angaben über staatliche Zuschüsse oder Beihilfen für das Unternehmen, Haushaltsdarlehen oder Garantien des Staates oder eines anderen staatseigenen Unternehmens für die Geschäftstätigkeit des Unternehmens sowie alle Verpflichtungen, die der Staat zugunsten des Unternehmens eingeht. Im Rahmen dieser Berichterstattung über Transaktionen mit dem Staat sollten auch Zahlungen von staatseigenen Unternehmen an den Staatshaushalt offengelegt werden. Dazu zählen Steuern, Dividenden, Lizenzgebühren und andere Zahlungen. Im Fall von Kreditbürgschaften und weitergegebenen Krediten sollten staatseigene Unternehmen die Vertragsbedingungen offenlegen (u. a. Start- und Fälligkeitstermin, Originalwährung, zugesagte Beträge, ausgezahlte und ausstehende Kredite, Tilgungsplan, Zinssatz und Zinsart). Die Offenlegungsstandards sollten mit den bestehenden gesetzlichen Verpflichtungen, z. B. im Hinblick auf staatliche Beihilfen, im Einklang stehen. Die Offenlegung von Bürgschaften kann durch die staatseigenen Unternehmen selbst oder durch den Staat erfolgen. Es gilt als gute Praxis, dass die Legislative Haushaltsdarlehen und staatliche Bürgschaften überwacht, damit die Einhaltung der Haushaltsverfahren gesichert ist.
Öffentlich-private Partnerschaften und Joint Ventures sollten ebenfalls in angemessener Weise offengelegt werden. Solche Unternehmungen sind häufig mit Transfers von Risiken, Ressourcen und Vergütungen zwischen öffentlichen und privaten Partnern für die Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen oder öffentlicher Infrastruktur verbunden und können folglich neue und spezifische wesentliche Risiken mit sich bringen.
V.A.8. wesentliche Geschäfte mit dem Staat und anderen nahestehenden Rechtsträgern
Wesentliche Geschäfte zwischen staatseigenen Unternehmen und nahestehenden Rechtsträgern, wie z. B. eine Kapitalbeteiligung eines staatseigenen Unternehmens an einem anderen, könnten Gelegenheiten für Missbrauch bieten und sollten offengelegt werden. Im Rahmen dieser Berichterstattung sollten sämtliche Informationen geliefert werden, die zur Beurteilung der Redlichkeit und Angemessenheit der betreffenden Geschäfte erforderlich sind. Mindestens zum Kreis der nahestehenden Unternehmen und Personen gehören sollten Rechtsträger, die das Unternehmen beherrschen oder die zusammen mit diesem der Kontrolle eines dritten Unternehmens unterstehen, ebenso wie maßgebliche Anteilseigner und deren Familienmitglieder sowie Mitglieder der Geschäftsführung. Zwar stellt die Definition nahestehender Unternehmen und Personen in international anerkannten Rechnungslegungsstandards einen nützlichen Bezugspunkt dar, der Corporate-Governance-Rahmen der staatseigenen Unternehmen sollte jedoch sicherstellen, dass alle nahestehenden Unternehmen und Personen ordnungsgemäß identifiziert werden und dass in Fällen, in denen konkrete Interessen nahestehender Unternehmen und Personen vorliegen, auch wesentliche Geschäfte mit konsolidierten Tochtergesellschaften offengelegt werden. Ferner gilt es selbst ohne Vorliegen wesentlicher Geschäfte als gute Praxis, die organisatorischen und unternehmensstrukturellen Verbindungen staatseigener Unternehmen mit anderen nahestehenden Rechtsträgern klar auszuweisen. Staatseigene Unternehmen sollten auch über alle wesentlichen Vertragsbeziehungen und Geschäfte mit staatseigenen Finanzinstituten Bericht erstatten, da hierbei ein hohes Risiko von Interessenkonflikten besteht.
V.A.9. Informationen zu wesentlichen Verbindlichkeiten wie z. B. Schuldverträgen und zum Risiko der Nichteinhaltung von Covenants
Unter gebührender Berücksichtigung des Geschäftsgeheimnisses sollten staatseigene Unternehmen darüber hinaus im Einklang mit den geltenden Standards über wesentliche Verbindlichkeiten wie z. B. Schuldverträge sowie das Risiko der Nichteinhaltung von Covenants informieren. Unter normalen Umständen werden wichtige Unternehmensentscheidungen von den Anteilseignern und der Unternehmensleitung getroffen. Allerdings können Unternehmensanleihen und andere Schuldverträge mit bestimmten Auflagen verknüpft sein, die die Entscheidungsfreiheit der Unternehmensleitung und der Anteilseigner erheblich einschränken. Solche Covenants können beispielsweise Dividendenausschüttungen begrenzen, die Zustimmung der Gläubiger zur Veräußerung wesentlicher Vermögenswerte vorschreiben oder die Schuldner mit Strafen belegen, wenn ihr Verschuldungsgrad einen zuvor vereinbarten Schwellenwert überschreitet. Zudem könnten staatseigene Unternehmen, die sich in finanziellen Schwierigkeiten befinden, aber noch nicht insolvent sind, versuchen, eine Befreiung von der Einhaltung eines Covenants auszuhandeln, und die bestehenden Gläubiger könnten im Gegenzug Veränderungen im Unternehmen verlangen. Folglich ist eine zeitnahe Offenlegung wesentlicher Informationen zu Schuldverträgen, einschließlich der Auswirkungen wesentlicher Risiken im Zusammenhang mit Covenant-Verstößen und der Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens, im Einklang mit den geltenden Standards erforderlich, damit die Anleger die Geschäftsrisiken des betreffenden staatseigenen Unternehmens beurteilen können.
V.A.10. nachhaltigkeitsbezogene Informationen
Staatseigene Unternehmen sollten wesentliche Informationen über Maßnahmen, Aktivitäten, Risiken, Ziele und Leistungsmessgrößen im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsfragen im Einklang mit qualitativ anspruchsvollen international anerkannten Standards offenlegen, wie in Kapitel VII.C ausgeführt.
V.B. Staatseigene Unternehmen sollten über Risikomanagementsysteme verfügen, mit denen sie Risiken identifizieren, steuern, kontrollieren und darüber Bericht erstatten können. Risikomanagementsysteme sollten als entscheidendes Element der Zielerreichung behandelt werden und dementsprechend kohärente und umfassende interne Kontrollmechanismen sowie Ethik- und Compliance-Programme bzw. -Maßnahmen umfassen.
Risikomanagement ist ein Kernbestandteil der Corporate Governance und eng mit der Unternehmensstrategie verknüpft. Das Risikomanagementsystem soll es staatseigenen Unternehmen ermöglichen, Risiken für die Verwirklichung ihrer operativen und finanziellen Ziele zu identifizieren, zu steuern und darüber Bericht zu erstatten. Risikomanagementprozesse legen fest, wie ein staatseigenes Unternehmen interne Kontrollmechanismen einsetzen kann, um Risiken zu steuern und ihre potenziellen Auswirkungen zu mindern, die Integrität innerhalb des Unternehmens zu stärken und die Einhaltung einschlägiger Gesetze oder Vorschriften zu fördern.
Das Risikomanagementsystem sollte vom Board regelmäßig überwacht, überprüft und an die Gegebenheiten des staatseigenen Unternehmens angepasst werden, um die Relevanz und Leistungsfähigkeit der internen Kontrollen, Maßnahmen und Verfahren zu sichern. Das Board kann zwar Unterstützung durch Fachausschüsse erhalten – vor allem durch den Prüfungsausschuss oder ein äquivalentes Organ, manchmal auch den Risikoausschuss –, doch die Gesamtverantwortung für die Wirksamkeit des Risikomanagementsystems und der entsprechenden internen Kontrollen verbleibt beim Board. Zwischen der Aufsicht im Board, dem Risikomanagement und der unabhängigen Prüfung innerhalb des staatseigenen Unternehmens (z. B. Innenrevision) sollte Aufgabentrennung herrschen. Die Personen, die von den staatseigenen Unternehmen mit der Risikobewertung innerhalb des Unternehmens betraut werden, sollten über hinreichende Befugnisse für die Erfüllung ihrer Aufgabe verfügen.
Unter Berücksichtigung der Kapazitäten und Größe der einzelnen staatseigenen Unternehmen sollte das Risikomanagementsystem regelmäßige, bedarfsgerechte Risikobewertungen umfassen, gemäß der guten Praxis, die in den einschlägigen Bestimmungen der Leitsätze für Korruptionsbekämpfung und Integrität in staatseigenen Unternehmen beschrieben ist. Das Risikomanagementsystem eines staatseigenen Unternehmens sollte darauf ausgerichtet sein, wesentliche externe unternehmensrelevante Risiken, wie Gesundheitskrisen, Lieferkettenstörungen und geopolitische Spannungen, zu bewältigen. Diese Mechanismen sollten sowohl ex ante als auch ex post wirken, da die Unternehmen einerseits ihre Resilienz für den Fall zukünftiger Krisen stärken sollten und andererseits in der Lage sein sollten, bei Eintreten eines plötzlichen Negativereignisses Krisenbewältigungsmaßnahmen zu ergreifen. Darüber hinaus sollte das Risikomanagementsystem risikoabhängige Due-Diligence-Prüfungen umfassen, um im Einklang mit den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen zu verantwortungsvollem unternehmerischem Handeln tatsächliche und potenzielle negative Auswirkungen der Geschäftstätigkeit zu ermitteln, zu verhüten und zu mindern sowie Rechenschaft darüber abzulegen, wie diesen Auswirkungen begegnet wird.
Risikomanagementprozesse bilden die Grundlage für die Einrichtung und Sicherung von internen Kontrollmechanismen sowie Ethik- und Compliance-Programmen bzw. -Maßnahmen. Gemäß den maßgeblichen Ausführungen zu internen Kontrollmechanismen in den Leitsätzen für Korruptionsbekämpfung und Integrität in staatseigenen Unternehmen sollten diese Compliance-Programme oder -Maßnahmen für alle Ebenen der Unternehmenshierarchie und alle Einheiten, über die ein staatseigenes Unternehmen die tatsächliche Kontrolle ausübt, einschließlich Tochtergesellschaften, gelten. Diese Programme bzw. Maßnahmen können u. a. die Entwicklung von Verhaltenskodizes oder ähnlichen Vorgaben und deren Einbindung in die Personalpolitik oder sonstige einschlägige Unternehmenspolitik umfassen, sowie die Festlegung klarer Regeln und Verfahren, z. B. zum Hinweisgeberschutz, damit Whistleblower*innen ermutigt werden, dem Board ohne Furcht vor Repressalien Fehlverhalten zu melden. Nach Möglichkeit sollten diese Programme und Maßnahmen auch für Dritte gelten. Die Anreizstruktur des Unternehmens muss mit seinen ethischen und professionellen Grundsätzen im Einklang stehen, d. h., sie sollte die Beachtung dieser Grundsätze belohnen und Gesetzesverstößen mit Abschreckungs- bzw. Strafmaßnahmen begegnen.
Das Risikomanagementsystem und die zugehörigen internen Kontrollmechanismen helfen dem staatseigenen Unternehmen zudem, die geltenden Rechtsvorschriften einzuhalten, insbesondere die Vorschriften für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln, z. B. in den Bereichen Menschen- und Arbeitsrechte, digitale Sicherheit, Steuern, Wettbewerb, informationelle Selbstbestimmung und Schutz personenbezogener Daten, Gesundheit und Sicherheit sowie Nachhaltigkeit. Dazu gehört auch die Einhaltung von Bestimmungen, die die Bestechung ausländischer Amtsträger – wie im OECD-Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr (OECD Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions [OECD/LEGAL/0293]) gefordert – sowie andere Formen von Bestechung und Korruption unter Strafe stellen.
Die internen Kontrollmechanismen sowie Ethik- und Compliance-Programme bzw. -Maßnahmen sollten sich auch auf Tochtergesellschaften und soweit möglich auf Dritte, wie z. B. Bevollmächtigte und andere Intermediäre, Berater, Vertreter, Vertriebshändler, Auftragnehmer und Lieferanten, Konsortialpartner und Joint-Venture-Partner, erstrecken.
V.C. Staatseigene Unternehmen sollten eine interne Revisionsstelle (Innenrevision) einrichten, die über hinreichende Kapazitäten, Autonomie und Professionalität für eine ordnungsgemäße Erfüllung ihrer Aufgaben verfügt. Sie sollte vom Board und gegebenenfalls dem Prüfungsausschuss oder einem äquivalenten Organ überwacht werden und direkt an diese berichten.
Die Rolle und die Funktionen der Innenrevision unterscheiden sich in den einzelnen Staaten, sie umfassen aber zumeist die Prüfung und Evaluierung der Unternehmensführung, des Risikomanagements und der internen Kontrollverfahren. Ebenso wie große börsennotierte Unternehmen sollten in der Regel auch große staatseigene Unternehmen eine interne Revisionsstelle einrichten. Andere staatseigene Unternehmen sind je nach Größe, Struktur, Komplexität und Risikoprofil gehalten, soweit möglich eine interne Revisionsstelle einzurichten.
Diese kann einen entscheidenden und kontinuierlichen Beitrag zur umfassenden Überwachung der internen Kontrollmechanismen und Geschäftsabläufe des Unternehmens durch den Prüfungsausschuss des Boards oder ein äquivalentes Organ leisten. Die Innenrevision ist wichtig für einen effizienten und verlässlichen Offenlegungsprozess. Innenrevisor*innen prüfen insbesondere die Vollständigkeit, Integrität, Richtigkeit, Aktualität und Häufigkeit der Berichterstattung über alle wesentlichen Informationen. Sie sollten Prüfverfahren einsetzen, um festzustellen, ob die Geschäftsleitung des staatseigenen Unternehmens über geeignete Prozesse für die Erfassung, Aufbereitung und Darstellung hinreichend genauer Informationen in ihren Offenlegungen verfügt. Gute Praxis ist, die Zielsetzungen, Aufgaben und Zuständigkeiten sowie die Verfahrensregelungen der Innenrevision in einer Charta festzulegen.
Es ist Aufgabe des Boards sicherzustellen, dass staatseigene Unternehmen eine interne Revisionsstelle einrichten. Um ihre Unabhängigkeit und Autorität zu gewährleisten, sollten die Innenrevisor*innen direkt dem Board und seinem Prüfungsausschuss unterstehen. Die Innenrevisor*innen sollten uneingeschränkten Zugang zu den Geschäftsbüchern der staatseigenen Unternehmen haben, und ihr Tätigkeitsbereich sollte keinen Beschränkungen unterliegen. Die Innenrevisor*innen sollten ungehinderten Zugang zum*zur Vorsitzenden und zu den Mitgliedern des gesamten Boards und dessen Prüfungsausschuss genießen. Ihre Berichterstattung ist wichtig für das Board, um sich ein Bild von der tatsächlichen Geschäftstätigkeit und Ergebnisentwicklung des Unternehmens zu machen. Um die Integrität und Rechenschaftspflicht zu stärken, sollte der Prüfungsausschuss den Status, die Unabhängigkeit und Ressourcen sowie die Leistungen der Innenrevision öffentlich machen.
Die Aufgaben der Innenrevision und der externen Rechnungsprüfung sollten klar definiert sein, um dem Board die Prüfungsqualität zu sichern, die für die Überwachung des Risikomanagements des Unternehmens erforderlich ist. Beratungen zwischen internen und externen Prüfenden sollten gefördert werden. Wesentliche Erkenntnisse der Innenrevision sollten dem Board und gegebenenfalls seinem Prüfungsausschuss gemeldet werden. Als gute Praxis gilt, dass die Leitung der Innenrevision dem Board gegenüber jährlich die Objektivität der Innenrevision bestätigt. Dies umfasst die Meldung von Vorfällen, bei denen die Objektivität möglicherweise beeinträchtigt war, sowie Angaben zu den ergriffenen Maßnahmen oder Schutzvorkehrungen, um dem Problem zu begegnen.
V.D. Einmal jährlich sollte von unabhängigen, kompetenten und qualifizierten Abschlussprüfenden eine Jahresabschlussprüfung nach international anerkannten Prüfungs-, Ethik- und Unabhängigkeitsstandards durchgeführt werden, um dem Board und den Anteilseignern hinreichende Sicherheit zu bieten, dass der Jahresabschluss des jeweiligen staatseigenen Unternehmens in allen wesentlichen Aspekten gemäß geltenden Rechnungslegungsstandards erstellt wurde. Spezielle staatliche und interne Kontrollverfahren stellen keinen Ersatz für eine unabhängige externe Abschlussprüfung dar.
Im Interesse der Öffentlichkeit sollten staatseigene Unternehmen genauso transparent sein wie börsennotierte Unternehmen. Unabhängig von ihrer Rechtsform sollten sich alle staatseigenen Unternehmen – selbst wenn sie nicht börsennotiert sind – bei ihrer Finanzberichterstattung an Best-Practice-Standards der Rechnungslegung und Rechnungsprüfung orientieren.
Um das Vertrauen in die Unternehmensberichterstattung zu stärken, sollte der Staat verlangen, dass zumindest bei allen großen staatseigenen Unternehmen zusätzlich zu den speziellen staatlichen Audits externe Abschlussprüfungen nach international anerkannten Prüfungs-, Ethik- und Unabhängigkeitsstandards durchgeführt werden.
Die unabhängigen externen Abschlussprüfenden beurteilen mit ihrem Testat, ob der Jahresabschluss die Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage des staatseigenen Unternehmens gemäß geltenden Rechnungslegungsstandards in allen wesentlichen Aspekten angemessen wiedergibt. In einigen Staaten wird von den externen Prüfenden auch eine Stellungnahme zur Corporate Governance des Unternehmens oder zur internen Kontrolle der Finanzberichterstattung verlangt.
Es sollten geeignete Verfahren für die Auswahl der externen Abschlussprüfenden entwickelt werden. Entscheidend ist, dass diese von dem staatseigenen Unternehmen und seinen verbundenen Unternehmen, von der Geschäftsführung und von bedeutenden Anteilseignern des Unternehmens (d. h. im Fall der staatseigenen Unternehmen vom Staat) unabhängig sind, sofern sie nicht den geltenden Ethik- und Unabhängigkeitsstandards unterliegen. Darüber hinaus sollten für die externen Abschlussprüfenden die gleichen Kriterien in Bezug auf ihre Unabhängigkeit gelten wie bei privatwirtschaftlichen Unternehmen. Dies erfordert eine genaue Überwachung durch den Prüfungsausschuss oder das Board und umfasst in der Regel Beschränkungen der Erbringung von Nichtprüfungsleistungen für das geprüfte Unternehmen sowie eine regelmäßige Rotation der Abschlussprüfenden (d. h. entweder der die Prüfung durchführenden Personen oder der Rechnungsprüfungsgesellschaften selbst) bzw. Ausschreibungsverfahren für den externen Prüfauftrag.
Dass die externen Abschlussprüfenden von einem unabhängigen Prüfungsausschuss des Boards oder einem äquivalenten Organ empfohlen und entweder durch diesen Ausschuss bzw. dieses Organ oder direkt durch die Anteilseignerversammlung gewählt, bestellt oder bestätigt werden, kann als gute Praxis betrachtet werden, weil damit deutlich gemacht wird, dass die Abschlussprüfenden den Anteilseignern gegenüber rechenschaftspflichtig sein sollten. Je nach Gesetzeslage ist der Eigentumsträger daher möglicherweise berechtigt, durch die Anteilseignerversammlung die externen Abschlussprüfenden zu nominieren, zu wählen bzw. sogar zu ernennen. Die unmittelbare Berichts- und Rechenschaftspflicht sollte jedoch gegenüber einem unabhängigen Prüfungsausschuss oder äquivalenten Organ des Unternehmens bestehen, das die Gesamtbeziehung mit den externen Abschlussprüfenden beaufsichtigt und auch bei der Bestellung, Mandatserneuerung und Vergütung der externen Abschlussprüfenden eine Rolle spielen kann. Die in den G20/OECD-Grundsätzen der Corporate Governance dargelegten zusätzlichen Leitlinien, u. a. für die Qualifikation der Abschlussprüfenden, sollten angewandt werden.
Darüber hinaus sollte die externe Abschlussprüfung nicht mit den Tätigkeiten der Innenrevision oder internen Kontrollmechanismen verwechselt oder durch diese ersetzt werden. Staatseigene Unternehmen sollten bestrebt sein, ihre Finanzabschlüsse innerhalb derselben Fristen prüfen zu lassen wie börsennotierte Unternehmen. Die Berichte der unabhängigen externen Abschlussprüfenden sollten dem Geschäftsbericht des staatseigenen Unternehmens beigefügt sein und in vollem Umfang und innerhalb einer angemessenen Frist gemäß geltenden Rechnungslegungsstandards veröffentlicht werden. Wiederholte eingeschränkte Bestätigungsvermerke sollten als Warnsignale betrachtet werden.
Bestehende staatliche Prüfungsorgane und sonstige staatsinterne Kontrollinstanzen, wie z. B. spezialisierte staatliche bzw. oberste Rechnungskontrollbehörden, reichen nicht aus, um die Qualität und Vollständigkeit der Rechnungslegungsdaten zu gewährleisten, selbst wenn sie sowohl die staatseigenen Unternehmen als auch den Eigentumsträger prüfen. Sie dienen dazu, die Verwendung der öffentlichen Ressourcen und Haushaltsmittel zu überwachen, nicht aber die gesamte Geschäftstätigkeit der staatseigenen Unternehmen. Die Prüfberichte der obersten Rechnungskontrollbehörde sollten vom Gesetzgeber zeitnah und im Einklang mit dem Haushaltszyklus beraten und veröffentlicht werden.
V.E. Der Eigentumsträger sollte eine einheitliche Berichterstattung über staatseigene Unternehmen entwickeln und jährlich einen Gesamtbericht über das staatliche Beteiligungsportfolio veröffentlichen, der wesentliche Fragen wie z. B. Nachhaltigkeitsinformationen, Governanceaspekte und die Erfüllung öffentlicher Politikziele behandelt. Die Informationen sollten ein vollständiges, klares und zuverlässiges Bild des staatseigenen Unternehmensportfolios vermitteln und von hoher Qualität, vergleichbar, prägnant und öffentlich zugänglich sein, u. a. durch digitale Kommunikationskanäle.
Der Eigentumsträger sollte eine aggregierte Berichterstattung entwickeln, die alle wirtschaftlich signifikanten staatseigenen Unternehmen umfasst, und diese als zentrales Instrument der Offenlegung gegenüber der Öffentlichkeit, der Legislative und den Medien einsetzen. Die Berichterstattung sollte so gestaltet sein, dass sich alle Leser*innen ein klares Bild von den Gesamtergebnissen und der Entwicklung der staatseigenen Unternehmen machen können. Sie ist aber auch für den Eigentumsträger selbst ein nützliches Instrument, um die Leistung der staatseigenen Unternehmen besser zu erfassen und seine eigene Politik zu verdeutlichen. Dies erleichtert die Entwicklung von Messgrößen, um die Umsetzung der Politik, Ziele und Erwartungen des Eigentümers besser zu überwachen und zu evaluieren, und kann zur Verbesserung von Leistungsmanagementsystemen beitragen, wenn die Berichterstattung eine Evaluierung der Zielerfüllung durch die einzelnen staatseigenen Unternehmen –‑ u. a. im Hinblick auf die vom staatlichen Eigentümer gesteckten Ziele – sowie gegebenenfalls die Offenlegung von nichtkommerzieller Unterstützung umfasst.
Die Berichterstattung sollte in einen jährlich vom Staat herauszugebenden Gesamtbericht aller wesentlichen Informationen münden. Der Bericht sollte ein vollständiges Bild der Größe und gegebenenfalls der sektoralen Verteilung des staatlichen Unternehmensportfolios sowie der im Berichtszeitraum erzielten Ergebnisse des Portfolios und der einzelnen staatseigenen Unternehmen im Vergleich zu den in der Vergangenheit erzielten Ergebnissen vermitteln. Der Bericht könnte auch zukunftsgerichtete Elemente umfassen, die der Wertschöpfung im Sektor der staatseigenen Unternehmen zugrunde liegen. Dieser Gesamtbericht sollte darüber hinaus gegebenenfalls einen Überblick über den Wert des Sektors geben und die Finanzergebnisse und den Wert der einzelnen staatseigenen Unternehmen, aber auch Informationen zur Entwicklung wesentlicher einschlägiger nichtfinanzieller Indikatoren erfassen. Er sollte zumindest Angaben zum Gesamtwert des staatlichen Beteiligungsportfolios liefern. Ferner sollte der Bericht eine allgemeine Erklärung zur Eigentümerpolitik des Staates sowie Informationen über deren Umsetzung enthalten. Er sollte außerdem Informationen über die Organisation der Eigentümerfunktion, z. B. hinsichtlich der Nominierung und Ernennung, Zusammensetzung, Qualifikationen und Vergütung der Leitungsorgane staatseigener Unternehmen, sowie einen Überblick über die Entwicklung der staatseigenen Unternehmen, aggregierte Finanzdaten und Angaben zu Veränderungen der Boards der staatseigenen Unternehmen umfassen. Der Bericht sollte die wichtigsten Finanzindikatoren ausweisen, wie beispielsweise Umsatz, Gewinn, Cashflow aus dem operativen Geschäft, Bruttoinvestitionen, Eigenkapitalrendite, Eigenkapitalquote und Dividenden, Beschäftigtenanteil und andere Informationen im Zusammenhang mit ökologischen, sozialen und Governanceaspekten. Die Offenlegung aggregierter nachhaltigkeitsbezogener Informationen zu den staatlichen Beteiligungsportfolios sowie eine systematische Analyse und Offenlegung der auf Portfolioebene bestehenden nachhaltigkeitsbezogenen Risiken und Chancen können ein fundierteres Verständnis der Nachhaltigkeitserwartungen für das staatliche Beteiligungsportfolio sowie der Kompatibilität dieses Portfolios mit den allgemeineren nationalen Nachhaltigkeitsverpflichtungen fördern. Die jährlichen Gesamtberichte sollten Schlüsselindikatoren enthalten, deren Entwicklung im Zeitverlauf gemessen werden kann. Wenn fiskalische Risiken für das Verständnis der generellen Ergebnisentwicklung des Portfolios wesentlich sind, könnten die staatlichen Eigentumsträger u. U. die Hauptursachen der fiskalischen Risiken des Portfolios benennen und die wesentlichen Risikofaktoren des Portfolios nach Sektor oder Unternehmen analysieren. Der Eigentumsträger sollte die Offenlegung von Informationen über Stakeholderbeziehungen durch eine klare Offenlegungspolitik und die Entwicklung einer aggregierten Berichterstattung für die Öffentlichkeit stärken. Der Bericht sollte auch über aktuelle Entwicklungen informieren, die das Portfolio betreffen, wie z. B. einschlägige Rechtsvorschriften.
Die Methoden der Datenaggregierung sollten erläutert werden. Der aggregierte Beteiligungsbericht könnte auch Einzelberichte über die wichtigsten staatseigenen Unternehmen umfassen. Die Gesamtberichterstattung sollte jedoch die bereits bestehenden Berichtspflichten, wie z. B. die jährliche Berichterstattung an die Legislative, nicht duplizieren, sondern ergänzen. Manche Eigentumsträger könnten vielleicht nur „partielle“ Gesamtberichte zu den in vergleichbaren Sektoren tätigen staatseigenen Unternehmen veröffentlichen. Wichtig ist, dass der jährliche Gesamtbericht transparent über die Berichtsstandards informiert, die für einzelne staatseigene Unternehmen und vom Eigentumsträger genutzt werden, um aggregierte Daten über das Portfolio auszuweisen. International anerkannte Rechnungslegungsstandards, wie z. B. IFRS, können soweit möglich ebenfalls für die Aggregation von Daten zum staatlichen Beteiligungsportfolio verwendet werden. Wenn sich die verwendeten Rechnungslegungsstandards oder die Qualität der Angaben zwischen den einzelnen Portfoliounternehmen unterscheiden, sollte dies ebenfalls offengelegt und erläutert werden, um ein in finanzieller Hinsicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes, klares und einheitliches Bild des staatlichen Unternehmensportfolios zu liefern.
Beste Praxis für den aggregierten Beteiligungsbericht wäre ein jährlicher narrativer Bericht mit Informationen zur Ergebnisentwicklung des staatlichen Unternehmensportfolios. Einige Staaten erstellen u. U. im Rahmen ihrer regelmäßigen Berichterstattung an den Gesetzgeber oder im Rahmen des jährlichen Haushaltsverfahrens einen jährlichen Gesamtbericht. Andere Staaten stellen online eine Reihe finanzieller (und nichtfinanzieller) Indikatoren bereit, die je nach Detailgrad dieselbe Funktion erfüllen können. Ad-hoc-Berichterstattung erfüllt im Allgemeinen nicht die gleiche Rechenschafts- und Transparenzfunktion wie ein „klassischer“ aggregierter Beteiligungsbericht. Der Einsatz digitaler Technologien kann eine interaktive Nutzung der aggregierten Daten unterstützen und es den Nutzenden ermöglichen, die Daten in aggregierter oder disaggregierter Form zu durchsuchen und herunterzuladen. Der jährliche Gesamtbericht sollte öffentlich verfügbar sein, um der Öffentlichkeit den Zugang zu Informationen zu erleichtern. Viele Eigentumsträger haben Websites, auf denen sie Informationen über die Organisation der Eigentümerfunktion und die allgemeine Eigentümerpolitik sowie den jährlichen Gesamtbericht bereitstellen.
Darüber hinaus kann der jährliche Gesamtbericht ein wichtiges Element der Rechenschaftslegung eines Eigentumsträgers sein, wenn er als Mechanismus für die Berichterstattung an den Gesetzgeber oder andere repräsentative Organe verwendet wird.