Finanzielle Unterstützung für Familien so hoch wie in kaum einem anderen OECD-Land – Ausbau von Kinderbetreuung und frühkindlicher Erziehung sollte weiter vorangetrieben werden.
(Berlin/Paris – 1. September 2009) Deutschland wendet deutlich mehr öffentliche Mittel für Kinder auf als die meisten anderen OECD-Länder. Es erzielt aber in einer ganzen Reihe von Bereichen nur unterdurchschnittliche Ergebnisse. Vor allem bei der Verwirklichung gleichwertiger Lebensverhältnisse und Chancengleichheit bleibt Deutschland hinter vergleichbaren Ländern zurück.
Dies geht aus einer Studie zum Wohlbefinden von Kindern der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hervor, die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Die Studie fasst ein Bündel von Indikatoren zum Wohlbefinden von Kindern zusammen und stellt diese zum ersten Mal kinderbezogenen Ausgaben für alle OECD-Länder in vergleichbarer Form gegenüber.
So gibt Deutschland für Kinder je nach Altersgruppe kaufkraftbereinigt zehn bis 20 Prozent mehr Geld für Bildung, Dienstleistungen und direkte Finanztransfers aus als die OECD-Länder im Schnitt. Dennoch lebt fast jedes sechste Kind in Deutschland in relativer Armut (d.h. mit weniger als 50 Prozent des Durchschnittseinkommens), im OECD-Schnitt ist es nur jedes achte Kind. In Dänemark, dem Land mit der geringsten Kinderarmut in der OECD, ist es nur jedes 37. Kind.
Die Armutsquote bei Kindern ist hoch, obwohl Deutschland, wie kaum ein anderes OECD-Land, Kinder über direkte Finanztransfers fördert. Etwa 40 Prozent der öffentlichen Mittel für Kinder werden direkt an die Eltern gezahlt. Unter den 30 OECD-Ländern liegt der Anteil direkter Finanztransfers nur in Luxemburg und in der Slowakei in einer vergleichbaren Größenordnung. In Dänemark oder Schweden liegt der Anteil der direkten Transfers dagegen nur bei 20 Prozent. In diesen Ländern werden die Finanzmittel für Kinder überwiegend in Bildung und Betreuungsangebote investiert.
Vor allem Kinder, die nur mit einem Elternteil leben, sind in Deutschland von Armut betroffen. So liegt die Armutsrate unter Alleinerziehenden noch höher als in anderen OECD Ländern: 40 Prozent der Haushalte mit Alleinerziehenden sind arm, im OECD Schnitt sind es 30 Prozent. Zudem hat sich im Vergleich zu anderen Haushalten mit Kindern die Einkommenssituation von Alleinerziehenden in den letzten 20 Jahren noch deutlich verschlechtert. Mit 18 Prozent ist der Anteil der Kinder, die in Haushalten mit Alleinerziehenden leben in Deutschland nicht größer als im OECD-Durchschnitt.
"Deutschland sollte seine Transfers stärker auf bedürftige Kinder und deren Familien konzentrieren. Außerdem sollten Dienstleistungen wie Kinderbetreuung und Ganztagsschulen weiter ausgebaut werden. Die Initiativen der vergangenen Jahre in diesem Bereich gehen in die richtige Richtung", sagte Monika Queisser, Leiterin der Abteilung Sozialpolitik der OECD bei der Präsentation der Studie.
Auch beim Bildungsstand sind in Deutschland die Unterschiede zwischen starken und schwachen Schülern vergleichsweise groß und das bei eher durchschnittlichen Leistungen. Bei der grundlegenden Fähigkeiten in den Bereichen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften etwa ist der Abstand zwischen den besten 10 und den schlechtesten 10 Prozent nur in Mexiko, Italien, Tschechien, Belgien, Frankreich, USA und Griechenland größer. "Mehr Investitionen in frühkindliche Bildung könnten zu einer Reduzierung von Ungleichheit beitragen", so Queisser.
Insgesamt ergibt sich für die Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen in Deutschland ein gemischtes Bild. Trotz der vergleichsweise hohen relativen Armut berichtet nur eines von 200 Jugendlichen, dass ihm die notwendige Ausstattung für den Schulbesuch fehlt. Das ist der zweitniedrigste Wert in der OECD.
Auch beim Gesundheitszustand schneidet Deutschland vergleichsweise gut ab. So liegt die Sterblichkeit der null bis 19-jährigen deutlich unter dem OECD-Schnitt. Babies werden in den ersten Lebensmonaten häufig gestillt und auch der Impfstand bei Kinderkrankheiten liegt über den OECD-Schnitt. Dagegen fehlt mehr als 80 Prozent der elf bis 15-jährigen ausreichende Bewegung.
Beim Risikoverhalten der Jugendlichen liegt Deutschland etwa im OECD-Schnitt, teilweise auch darüber. So geben 19 Prozent der 15-Jährigen an, dass sie mindestens einmal die Woche rauchen. Im OECD-Mittel sind es 17 Prozent. Den geringsten Anteil an rauchenden Jugendlichen haben die USA und Schweden mit acht bzw. neun Prozent.
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