OECD empfiehlt mehr Anstrengungen in Österreichischer Integrationspolitik - Stärkerer Fokus auf Arbeitsmarktintegration erforderlich
(Paris/Wien - 24. November 2011) Österreich hat mit 17 Prozent der Gesamtbevölkerung mehr Zuwanderer im erwerbsfähigen Alter als viele andere OECD-Länder. Gleichzeitig ist der politische Rahmen für Integrationspolitik in Österreich weniger entwickelt als in einer Reihe anderer OECD-Länder. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zur Arbeitsmarktintegration von Zuwanderern in Österreich1, die heute in Wien vorgestellt wird.
Auf Bundesebene ist das österreichische Integrationsangebot laut Bericht unzureichend. Ein strukturiertes Integrationsprogramm mit klarem Arbeitsmarktfokus für Neuzuwanderer fehlt. Vorhandene Fördermittel und Maßnahmen konzentrieren sich auf Sprachförderung, aber nur wenige Migranten finden nach Sprachkursen den direkten Weg in den Arbeitsmarkt. Ein größeres Angebot an fachsprachlichen und berufsbezogenen Deutschkursen könnte hier Abhilfe schaffen.
Unterhalb der Bundesebene ist das Integrationsangebot breit, aber zersplittert. Viele Initiativen von regionalen und kommunalen öffentlichen Einrichtungen, Sozialpartnern und Nichtregierungs-organisationen haben Projektcharakter und können fehlende Strukturen auf Bundesebene nicht ausgleichen. Es mangelt an Koordination und Evaluation, was auch der unzureichenden Forschung zur Arbeitsmarktintegration von Zuwanderern geschuldet ist.
Besser, aber noch nicht gut
Ungeachtet dieser Schwächen hat die österreichische Integrationspolitik in den vergangenen Jahren erhebliche Fortschritte gemacht: Die Autoren der Studie verweisen insbesondere darauf, dass Zuwanderer nun gezielt weitergebildet werden, um Berufe aufzunehmen, in denen Fachkräftemangel herrscht. Diese zielgerichteten Qualifikationsmaßnahmen können anderen OECD-Ländern als Vorbild dienen. Ab 2012 rücken Migranten außerdem stärker in den Fokus aktiver Arbeitsmarktpolitik, sie gelten dann im Arbeitsmarktservice (AMS) als spezielle Zielgruppe. Auch die Sozialpartner haben zusätzliche Beratungsangebote und Mentorenprogramme eingeführt, die den Arbeitsmarkteinstieg erleichtern sollen.
Im internationalen Vergleich sind die Arbeitsmarktergebnisse von Migranten in Österreich trotz der genannten institutionellen Schwächen relativ positiv. Die Erwerbsquote zugewanderter Männer liegt mit 75 Prozent knapp über dem Durchschnitt vergleichbarer OECD-Länder. Begründen lässt sich dies mit der insgesamt günstigen Arbeitsmarktlage und mit der Zusammensetzung der Herkunftsländer. Die überwiegende Mehrzahl der Zugewanderten im erwerbsfähigen Alter kommt aus einkommensstarken OECD-Ländern oder Nachfolgestaaten Jugoslawiens. Diese Gruppen behaupten sich auch in anderen OECD-Ländern relativ gut auf dem Arbeitsmarkt.
Frauen und Nachkommen von Migranten haben Schwierigkeiten
Andere Gruppen, und hier sind insbesondere Frauen aus einkommensschwächeren Ländern zu nennen, sind weniger gut in den Arbeitsmarkt integriert. Dies gilt auch für bereits in Österreich geborene Nachkommen von Zuwanderern. Diese treten nun langsam in das Erwerbsleben ein, sind aber im Vergleich zu Gleichaltrigen ohne Migrationshintergrund viermal so häufig unter den gering Qualifizierten zu finden, die weder in Beschäftigung noch in Ausbildung sind.
Um diese Probleme in Angriff zu nehmen, bedarf es zusätzlicher Anstrengungen in der Integrationspolitik. So sollten vorschulische Bildung im kritischen Alter von drei und vier Jahren gefördert und der Anteil von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in berufsbildenden höheren Schulen, in der Lehrlingsausbildung und im öffentlichen Sektor angehoben werden. Gerade hier sind Nachkommen von Migranten derzeit unterrepräsentiert.
Selbst mit einem höheren österreichischen Bildungsabschluss haben Nachkommen von Zuwanderern nicht die gleichen Arbeitsmarktchancen wie Gleichaltrige, deren Eltern in Österreich geboren wurden. Dies weist auf weitere strukturelle Barrieren wie Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt hin. Nach Ansicht der OECD wird dieser Zustand in Österreich bislang nur unzureichend thematisiert. Hier wäre es nötig, die relevanten Institutionen zu stärken und die Öffentlichkeit für das Thema zu sensibilisieren.
Wenn sie einer beruflichen Tätigkeit nachgehen, sind Zuwanderer häufiger überqualifiziert als in Österreich geborene Personen. Österreich weist innerhalb der OECD einen der höchsten Anteile an Zuwanderern auf, die unterhalb ihres Qualifikationsniveaus beschäftigt sind. Eine Anerkennung oder Evaluation ausländischer Bildungsabschlüsse könnte hier Abhilfe schaffen, sie erhöht die Chancen auf eine ausbildungsadäquate Beschäftigung erheblich. Allerdings machen bislang nur wenige Migranten von dieser Möglichkeit Gebrauch.
» Präsentation von Stefano Scarpetta, Deputy Director, Direktorat für Beschäftigung, Arbeit und Soziales, OECD (pdf, 103kB, engl.)
» Präsentation von Thomas Liebig, Abteilung für Internationale Migration, Direktorat für Beschäftigung, Arbeit und Soziales, OECD (pdf, 1,4MB)
1Karolin Krause und Thomas Liebig (2011), The Labour Market Integration of Immigrants and their Children in Austria. OECD Social, Employment and Migration Working Paper No. 127, OECD.
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